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«Füllt alle Kanister, die ihr kriegen könnt»
Von der Strasse von Hormus bis zur Zapfsäule in der Schweiz: Etzelpark-Chef Michael Knobel warnt vor einem Ölschock – während er mit seiner neu eröffneten Tankstelle in St. Gallen seinen eigenen Kampf gegen die Grossen weiter führt.
Die Situation auf dem globalen Ölmarkt spitzt sich zu. Ein Eingreifen der US-Armee im Israel-Iran-Konflikt wird immer wahrscheinlicher. Was bedeutet das für den Ölpreis? Einer, der es wissen muss, ist Michael Knobel. Der umtriebige Etzelpark-Tankstellenbetreiber, der in den letzten Jahren mit knallhart kalkulierten Preisen den Platzhirschen das Fürchten lehrte, beobachtet die aktuelle Entwicklung mit gemischten Gefühlen. «Wenn es im Iran wirklich kracht und die Amerikaner eingreifen, dann kann der Ölpreis explodieren», sagt Knobel. Das schlimmste Szenario: Ein Sprung von den heutigen rund 75 auf über 100 oder gar bis 140 Dollar pro Barrel.
Die Folge an der Zapfsäule wären dramatisch: «Dann geht es nicht mehr darum, wie teuer Benzin ist – sondern wer überhaupt noch welches bekommt.».Allerdings sei die aktuelle Situation enorm volatil, so der Experte. Wenn sich die Lage normalisiert, könne der Ölpreis auch schnell wieder auf 60 Dollar heruntergehen. Er selbst kalkuliert wie gewohnt diszipliniert – und reagiert schnell. «Ich sehe jede Preisbewegung. Ich weiss, was der Einkauf macht, und ich sehe, was morgen auf dem Bildschirm steht.» Seit Anfang Juni seien die Einkaufspreise um rund 7 Rappen gestiegen. «Das spüren wir. Wenn der Ölpreis über 100 Dollar geht, müssen auch wir die Preise anheben, dann bleibt mir keine andere Wahl.»
Die Schwankungen derzeit seien enorm, sagt Knobel. Wenn sich die geopolitische Lage nicht bald beruhige, rechnet er mit einer dramatischen Entwicklung. Denn: «Die Strasse von Hormus ist das wirtschaftliche Nadelöhr der Welt. Wenn die dicht ist, kippt der Markt.» Der Etzelpark-Chef erinnert daran, dass dort mehr als 20 Millionen Barrel täglich transportiert werden – mehr als viermal so viel, wie Russland vor dem Krieg Richtung Westen pumpte.
Sein Rat an die Bevölkerung ist deshalb klar: «Ich persönlich würde sagen: Tankt voll, solange ihr könnt. Ich würde jeden Kannister füllen.» Für Heizölkunden ist seine Empfehlung ähnlich deutlich, auch wenn die Situation dort komplizierter ist. Wer Heizöl brauche, solle es jetzt beziehen, so Knobel. Denn: «Wenn der Preis runtergeht, dann vielleicht um zehn Prozent. Aber wenn er explodiert, sprechen wir schnell vom Doppelten. Und dann wird’s nicht nur teuer – sondern vielleicht auch knapp.»
David gegen Goliath in St. Gallen
Während die Welt nach Nahost schaut, tobt um Knobel zuhause in der Schweiz ein ganz anderer Konflikt – jener an der Zapfsäule. In St. Gallen hat der Unternehmer kürzlich eine neue Etzelpark-Tankstelle eröffnet – und wie gewohnt mit tiefen Preisen für Furore gesorgt. Die Reaktion der Konkurrenz: ein regelrechter Preisnachahmungsreigen. «Aber das Wort ‚nachziehen‘ ist verharmlosend, das regt mich auf», sagt Knobel. «Es ist schlichtes Kopieren – ohne eigene Kalkulation, ohne eigene Idee. Ziel ist, mich vom Markt zu drängen.»
Was wie ein normaler Preiskampf klingt, ist laut Knobel ein systematisches Manöver. «Ich kann dir heute sagen, wie morgen die Preise bei anderen Anbietern aussehen werden. Ich sehe die Muster. Es ist ein abgekartetes Spiel.» Dass der Preisüberwacher ebenfalls schweigt, irritiert Knobel. «Wenn meine Konkurrenz sechs, sieben Mal rund um meine Tankstelle den Preis senkt – aber nie im restlichen Land – das ist doch der Beweis, dass etwas stinkt». Zumal 75 Prozent aller Schweizer Tankstellen zu den gleichen Firmennetzwerken gehören. Knobel: «Wenn das keine Marktdominanz ist, was dann?»
Für Knobel ist klar: Das System ist verzerrt. Die Marktmacht der grossen Anbieter erlaube ein Verhalten, das kleine Anbieter wie ihn systematisch ausbremse. «Das, was ich mache, soll sich nicht ausbreiten. Deshalb werde ich lokal runtergedrückt – aber schweizweit bleibt der Preis oben.» Dabei glaubt er, dass die Preisbewegungen längst transparent genug sind, um systematische Muster offenzulegen. «Ein Statistiker könnte das in ein paar Tagen durchrechnen. Er würde das Sytem offenlegen können. Aber offenbar braucht es einen Whistleblower oder einen handfesten Beweis, den es wohl nie geben wird, weil sich keiner traut.»
Knobel kämpft trotzdem weiter. «Ich bin jung. Ich habe noch viele Tankstellen vor mir», sagt er und hält Details bewusst zurück. «Zu viele Leute lesen mit.» Doch klar ist: Seine Mission ist nicht vorbei, eher im Gegenteil. «Ich werde das Volumen nicht runterdrehen. Wenn ich nichts mehr sage, wird’s nicht weniger wahr.» Zudem spürt Knobel den Rückhalt der Bevölkerung, gerade auch von jungen Menschen und Migranten. «Die sagen mir: Das, was hier läuft, ist eine Sauerei. Und ich sage: Das stimmt – und genau deshalb kämpfe ich dafür, dass sich daran etwas ändert.»

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