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«Eine Burka oder eine Karnevalslarve sind eher nicht erlaubt»
Dieser Prozess sorgte Ende Januar für Schlagzeilen. Weil sie sich beim Autofahren nicht verhüllen durfte, klagte eine Muslimin vor dem Berliner Verwaltungsgericht – und verlor. Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Darf man sich verschleiert hinters Steuer setzen? STREETLIFE hat bei Polizeikorps nachgefragt.
Es ist eine Frage, die auch in der Schweiz einen aktuellen Hintergrund hat. Seit dem 1. Januar 2025 gilt hierzulande ein neues Gesetz: Wer sich an öffentlich zugänglichen Orten aufhält, darf sein Gesicht nicht verhüllen. Wer es trotzdem tut, muss mit einer Busse von maximal 1000 Franken rechnen. Damit setzt der Bund die sogenannte «Burka-Initiative» um, über welche die Schweiz 2021 abstimmte.
Doch was heisst öffentlich zugänglich genau? Gilt das auch für mein Auto? «Rein rechtlich hat dieses Verhüllungsverbot mit dem Strassenverkehr nichts zu tun», stellt Bernhard Graser, Mediensprecher der Kantonspolizei Aargau klar. Der Grund: Das Auto gilt in der Schweiz als nicht öffentlich.
«Eigentumsverhältnisse spielen keine Rolle.»
Dass es hier aber durchaus Potenzial für Missverständnisse gibt, zeigt der ausführliche Erklärtext in der «Botschaft zum Bundesgesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts». Unter Punkt 5.3.2.3 heisst es: «Als private Räume, die vom Gesichtsverhüllungsverbot nicht erfasst werden, müssen Fahrzeuge gelten, die privat genutzt werden, selbst wenn sie sich auf öffentlichem Grund bewegen oder dort abgestellt sind.»
Dann geht es ins Detail: «...unabhängig davon, ob die Verhüllung von aussen her sichtbar ist (Cabrio) oder nicht.» Und weiter: «Keine Rolle spielen die Eigentumsverhältnisse an privat genutzten Fahrzeugen. Gekaufte Fahrzeuge sind ebenso vom Verbot ausgenommen wie geleaste, gemietete oder geliehene Fahrzeuge.»
Sicht- und Handlungsfähigkeit ist entscheidend
Darf ich mich im Umkehrschluss also verhüllt hinters Steuer setzen? Nein. Nicht ganz, erklärt Rooven Brucker, Mediensprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements des Kantons Basel-Stadt. «Es gibt Bestimmungen im Strassenverkehrsgesetz und seinen Verordnungen, die die Vermummung beim Autofahren einschränken.»
Konkret geht es darum, dass die Sicht oder die Handlungsfähigkeit der Lenkerin oder des Lenkers nicht behindert werden darf. «Dies muss von Fall zu Fall geprüft werden, aber als Anhaltspunkt kann gesagt werden: Ein Hijab oder die Kombination Sonnenbrille, Hygienemaske und Mütze ist im Auto wahrscheinlich unproblematisch, während eine Burka oder eine Karnevalslarve aus verkehrsrechtlichen Gründen eher nicht erlaubt sind», so Brucker.
Und mit welcher Busse oder Strafe muss ich in diesem Fall rechnen? «In der polizeilichen Praxis sind gesunder Menschenverstand und Augenmass gefragt. Geht es nicht um Verstösse, welche die Verkehrssicherheit konkret gefährden, setzen wir in solchen Belangen auf die Wirkung von Ermahnungen», ergänzt Graser von der Kapo Aargau. Kommt es allerdings zu einem Unfall oder wird das Verhalten als fahrlässig eingestuft, wird es teuer. Graser: «Dann resultiert eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft.»
Beim Prozess in Berlin führte noch ein weiterer Grund dazu, dass sich die Richterin am Verwaltungsgericht für ein Verhüllungsverbot aussprach. Sie argumentierte: Wer Auto fahre, müsse erkennbar sein. Nur so könne eine effektive Verfolgung von Verstössen im Strassenverkehr gewährleistet werden, da es die Identifizierung der Lenkerin oder des Lenkers ermögliche.

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