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Verkehr •
Ausverkaufte Stadien, verstopfte Strassen

Droht bei der Frauen-EM 2025 ein Verkehrschaos?

Vom 2. bis 27. Juli 2025 findet in der Schweiz die UEFA Women’s Euro statt. Zehntausende von Zuschauerinnen und Zuschauer werden erwartet – auch auf den Strassen rund um die Stadien. Sind die Austragungsorte bereit für den Ansturm? STREETLIFE hat bei den Austragungsorten in der Deutschschweiz nachgefragt.

Die Vorfreude ist gross: Wenn im Juli 2025 die UEFA Women’s Euro in der Schweiz über die Bühne geht, erwartet das Land nicht nur ein sportliches Highlight – sondern auch ein Ansturm, der die zunehmende Popularität des Frauenfussballs widerspiegelt. Viele Partien sind bereits ausverkauft.

Acht Schweizer Städte sind Austragungsorte des Turniers, tausende Fans werden durch die Schweiz reisen und die Strassen rund um die Stadien füllen. Ob das alles reibungslos klappt? Die Erfahrungen mit der Rad-WM im letzten Jahr in Zürich lassen gewisse Zweifel aufkommen – und rücken die Verkehrskonzepte der Schweizer EM-Städte in den Fokus. STREETLIFE hat bei ihnen nachgefragt. 

Zürich – viel Erfahrung, aber auch Fragezeichen 

Zürich steht im Zentrum der Aufmerksamkeit – nicht nur sportlich, sondern auch verkehrstechnisch. Nach den Kontroversen rund um die Rad-WM 2024 ist das Vertrauen der Bevölkerung etwas angekratzt. Die Stadt erwartet an den EM-Spieltagen denn auch mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen rund um das Stadion Letzigrund, «vergleichbar mit Fussballspielen», wie Nadja Häberli von der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich mitteilt. Deshalb sei mit «phasenweise starken Verkehrseinschränkungen» zu rechnen.

Damit es nicht zu roten Köpfe bei den Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern kommt, setzt Zürich auf eine breite Informationsstrategie: Medienmitteilungen, Infoflyer an die Quartierbevölkerung, Posts auf Social Media sowie Verkehrsanzeigen an den Autobahnen sollen die Menschen frühzeitig sensibilisieren. Zusätzliche Einschränkungen durch die Stadtpolizei seien je nach Lage aber möglich, sagt Häberli. Der Appell an die Bevölkerung ist deshalb klar: mehr Zeit einplanen, ÖV oder Velo benutzen – und viel Geduld mitbringen.

Luzern – Optimismus mit System

Etwas anders der Ton in Luzern: Die Stadt rechnet mit drei ausverkauften Spielen mit jeweils rund 14'500  Fans – und geht dennoch von einem geordneten Ablauf aus. «Wir erwarten, dass 95 Prozent der Gäste mit dem öffentlichen Verkehr anreisen», heisst es seitens der Stadt. Möglich macht das ein bewährtes Konzept: Das Matchticket gilt am Spieltag als Fahrausweis in der 2. Klasse im GA-Gebiet. Zusätzliche Zugkapazitäten und Shuttlebusse zwischen Bahnhof Luzern und dem Stadion Allmend sollen Engpässe verhindern.

Zudem setzt Luzern auf Entzerrung: Fanmärsche und ein Public Viewing auf dem Europaplatz beim Bahnhof sorgen dafür, dass die Fans gestaffelt in die Stadt strömen. Auch die Stimmung dürfte helfen: «Wir erwarten viele Familien, Kinder und Erstbesucher – und eine fröhliche, friedliche Atmosphäre», sagt Leevke Stutz, Leiterin Host City Luzern UEFA Women’s EURO 2025. 

Allerdings warnt auch sie: «Es wird während der Fanmärsche gewisse temporäre Einschränkungen im Strassenverkehr geben». Diese würden zu einem späteren Zeitpunkt vor den Spielen kommuniziert – damit sich die Bewohnerinnen und Bewohner «vorbereiten können». 

St. Gallen – Frauen-EM trifft Autobahn-Baustelle 

Auch in St. Gallen zeigt man sich grundsätzlich zuversichtlich – verweist aber auf ein spezielles Detail: Die laufende Sanierung der A1 könnte zum Stolperstein für einen geordneten Ablauf werden. Zwar wurde laut Stadt so gut es ging auf die Anliegen der EM-Organisatoren Rücksicht genommen, trotzdem bleibt ein gewisses Risiko bestehen. «Wir gehen von einem etwas geringeren Verkehrsaufkommen aus als bei Spielen der Schweizer Männer-Nationalmannschaft. Dies, da die Anreise mittels ÖV in den Tickets inbegriffen ist und es beispielsweise Extrazüge geben wird. Zudem dürfte die Fanmeile in der Innenstadt Anreiz geben, frühzeitig anzureisen» sagt Roman Kohler, Leiter Kommunikation der Stadtpolizei St Gallen. Sein Tipp an die Bevölkerung: «Wenn möglich den ÖV nutzen – das entlastet alle.» 

Bern – Infopoints und Leitsysteme

In der Bundesstadt gibt man sich ebenfalls zuversichtlich. «Die Stadt Bern erwartet ein ähnliches Verkehrsaufkommen wie bei anderen internationalen Spielen im Stadion Wankdorf», sagt Alice Späh, Medienverantwortliche der Host City Bern. Aufgrund der aktuellen Einschätzungen gehe man nicht davon aus, dass es während der Women's Euro 2025 zu einem Verkehrschaos kommen wird. Das Ticket gilt auch hier als Fahrausweis im GA-Bereich – und die SBB setzt Extrazüge direkt zum Stadion ein. Zusätzlich schafft Bern mehr Abstellplätze für Velos und Kinderwagen im Stadionumfeld. Damit sich der motorisierte Verkehr nicht staut, werden «WEURO»-Spezialwegweiser ab dem Autobahnanschluss Wankdorf aufgestellt.

Im Stadionumfeld sorgen zudem Info-Points und Leitsysteme für Orientierung. Die Massnahmen basieren im Wesentlichen auf bestehenden Konzepten, wurden jedoch punktuell angepasst – auch, um den spezifischen EM-Zielgruppen gerecht zu werden. Der Tipp an die Bevölkerung lautet auch in Bern: «Nutzen Sie primär den öffentlichen Verkehr oder das Velo und geniessen Sie die EURO-Atmosphäre».

Thun – kleine Stadt, grosse Erfahrung 

Thun zählt mit seinen 10'000 Stadionplätzen zu den kleineren Austragungsorten der Frauen-EM. Dennoch hat man bereits viel Erfahrung mit Grossanlässen, etwa Konzerten. Ein umfangreiches Verkehrskonzept soll dafür sorgen, dass alles rund läuft. Die Stadt setzt auf Shuttlebusse zwischen Bahnhof und Stadion, sowie Parkplätze mit Zubringer-Diensten für Autofahrende.

«Wir gehen davon aus, dass viele Gäste aus dem In- und Ausland mit dem ÖV anreisen werden», sagt Daniela Lüpold, stv. Leiterin Stadtmarketing. Als Vorteil erweist sich dabei die kompakte Grösse der Stadt: Die Wege in Thun sind überschaubar, die Wegeführung klar – das sind gute Bedingungen für ein möglichst störungsfreies EM-Erlebnis. 

Lehren aus der Rad-WM?

Die Rad-WM 2024 in Zürich hat gezeigt: Die Euphorie für einen Grossanlass kann sich schnell in Frust umwandeln, wenn das Alltagsleben der Anwohnerinnen und Anwohner stark eingeschränkt wird. Damals fühlten sich einige Zürcherinnen und Zürcher überrumpelt – etwa durch Sperrungen, unübersichtliche Umleitungen und ungenügende Alternativen.

Bei der Frauen-EM scheinen solche Fehler erkannt zu sein. Die Städte setzen auf Transparenz, klar kommunizierte Massnahmen und Alternativen zum Auto. Zudem hofft man wegen des durchmischten Publikums – viele Frauen, Familien und Kinder – auf eine generell eher entspannte Atmosphäre.

Ein Restrisiko für blanke Nerven jedoch bleibt. Wenn beispielsweise der Feierabendverkehr für ein Fussballspiel gestoppt wird, hat nicht nur die Zürcher Polizei schon oft erfahren müssen, dass die Toleranz in der Stadtbevölkerung eher schwindet als wächst. Nicht nur in Zürich wird man also genau hinschauen, ob die Frauen-EM den Weg für weitere Grossanlässe frei macht – oder, um im Verkehrsjargon zu bleiben, eher verstopft.

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