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Digitaler Führerausweis – Testbetrieb verzögert sich
Die EU plant ihn, Deutschland hat ein entsprechendes Gesetz verabschiedet und Frankreich hat ihn bereits eingeführt – den digitalen Führerausweis. Und wie ist die Lage in der Schweiz? Wann zücken wir das Smartphone bei Verkehrskontrollen?
«Grüezi. Ich hätte gerne Ihren Führerausweis.» Wer schon mit dem Auto in eine Verkehrskontrolle geraten ist, kennt diese Situation. Etwas nervös kramt man in der Handtasche, im Mantel oder im Hosensack nach dem Portemonnaie und versucht sich zu erinnern: «Wo habe ich den Ausweis jetzt schon wieder hingesteckt?»
Das soll sich ändern – geht es nach den Digital-Strategen des Bundes. Sie arbeiten am digitalen Führerausweis, der mittels App auf dem Smartphone abgerufen werden kann. Seit 2022 wird an den nötigen Massnahmen für die Lancierung gearbeitet.
Verspätung im Zeitplan
Ein Blick in den Aktionsplan «Förderung digitaler Ausweise im Strassenverkehr» zeigt: Eigentlich hätte der Testbetrieb bereits 2024 eingeführt werden sollen. Bis heute ist das aber nicht der Fall. «Der allfällige Einführungstermin des digitalen Führerausweises ist in Planung», heisst es dazu auf Anfrage von STREETLIFE beim Bundesamt für Strassen ASTRA.
Aktuell läuft noch ein Pilotprojekt im Kanton Appenzell Ausserrhoden. «Wir stellen seit April 2024 den digitalen Lernfahrausweis für die Kategorie B und seit September für alle 15 Führerausweiskategorien aus», sagt Andreas Vetsch, Leiter des kantonalen Strassenverkehrsamtes.
Wer also die Theorieprüfung erfolgreich absolviert hat, kann in Trogen AR wählen, ob er den Ausweis in Papierform oder digital haben will. «Die Fahrschüler nutzen das Angebot und schätzen es, dass der Papier-Ausweis nicht mehr mitgeführt werden muss», so Vetsch. Seit Start des Pilotbetriebs wurden 1610 digitale Lernfahrausweise ausgestellt. 1330 davon waren für die Kat. B.
Vetsch zieht erfreut ein erstes Fazit: «Technisch gesehen gibt es keine Kinderkrankheiten. Die App läuft ohne Probleme. Die Kundschaft erlebt den Ausstellprozess als selbsterklärend.»
Bremsklotz e-ID
Dieses Feedback aus der Ostschweiz freut die zuständigen Fachleute in Bern. Das Projekt ist ein Teilbereich der e-ID, der elektronischen Identität. «Mit dem digitalen Lernfahrausweis ist es möglich, die für die e-ID geplante Vertrauensinfrastruktur – insbesondere auch die pilotWallet und die Wallet-App swiyu – mit Nutzerinnen und Nutzern zu testen und von ihnen zu lernen», erklärt Thomas Rohrbach, Stv. Bereichsleiter Information und Kommunikation beim ASTRA.
Gerade die Frage nach dem Vertrauen ist bei der e-ID ein entscheidendes Stichwort. Ein erster Versuch, sie einzuführen, scheiterte 2021. Damals schickte das Stimmvolk die Vorlage mit 64,4 Prozent Nein-Stimmen bachab, weil eine private Organisation die e-ID herausgeben sollte.
Referendum gegen Einführung
Im Dezember hat das Parlament einer überarbeiteten Version, einer jetzt staatlichen e-ID, zugestimmt. Doch auch diese Version kann vorerst nicht eingeführt werden. Anfangs Januar haben die Piratenpartei und Mass-voll – die Corona-Massnahmen-Gegnerschaft um Nicolas Rimoldi – das Referendum ergriffen. Sammeln sie bis zum 19. April 50'000 Unterschriften, kommt es zur Volksabstimmung. Und das würde dann auch die Testphase des digitalen Führerausweises erneut ins Stocken bringen.
Vorerst weiter geht es beim digitalen Lernfahrausweis eLFA. «Das Pilotprojekt wurde zusammen mit der Vereinigung der Strassenverkehrsämter asa und dem Strassenverkehrsamt Appenzell Ausserrhoden erarbeitet und mit den Strassenverkehrsämtern aller Kantone abgestimmt», so Rohrbach. Und der nächste Schritt steht kurz bevor. «Das Pilotprojekt zum eLFA wird 2025/26 auf alle Kantone mit der neuen Wallet-App swiyu ausgedehnt.» Ab dann können Lernfahrende auch ausserhalb von Appenzell auf den Ausweis in Papierform verzichten.
5 Fakten zu digitalen Ausweisen im Strassenverkehr
1. Löst der digitale Führerausweis den jetzigen ab?
«Nein», sagt ASTRA-Sprecher Thomas Rohrbach. «Der heutige Führerausweis im Kreditkartenformat bleibt erhalten. Das heisst, es wird keinen Zwang zum Wechseln geben. Auch beim erstmaligen Erwerb eines Ausweises wird man wählen können, welches Produkt man möchte.»
2. Wie wird die Gültigkeit des Ausweises überprüft?
Der Ausweis kann in der Wallet, die einfach zu installieren ist, geladen werden. Es erscheint ein QR-Code, den man bei der Kontrolle der Polizistin oder dem Polizisten vorweist.
3. Wo ist der digitale Lernfahrausweis eLFA gültig?
Rohrbach: «Er ist in der ganzen Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein anerkannt.»
4. Was passiert, wenn ich das Mobiltelefon wechsle?
«Dann ist der digitale Lernfahrausweis weg», erklärt Rolf Rauschenbach, Informationsbeauftragter des Pilotprojekts beim Bundesamt für Justiz. «Das heisst, wechselt man das Handy, muss man den eLFA neu beantragen. Der eLFA ist mit dem Device verbunden, was gewollt ist.»
5. Was kostet der digitale Lernfahrausweis?
«Der eLFA kostet nichts», so Rauschenbach. «Er ist eine ergänzende Zusatzleistung. Auch beim Handywechsel kostet es nichts.»
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