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Nach Strolchenfahrt: Wird ein Teenager noch zur Autoprüfung zugelassen?
In der Schweiz werden Raserdelikte hart bestraft. Doch wie sieht es aus, wenn der Raser minderjährig ist und zum Beispiel auf einer Strolchenfahrt oder mit einem frisierten Töffli erwischt wird? STREETLIFE hat nachgefragt.
März 2021: Ein 16-Jähriger flüchtet mit seinem Töffli vor der Polizei: Vermutlich durch ein Rennset tunt er sein Mofa auf eine Geschwindigkeit von über 99 km/h. Nachdem er die Polizei kurzzeitig abhängt, stellt er sein Töffli im Wald ab und geht zu Fuss weiter. Er wird jedoch von einer Patrouille erkannt, angezeigt und muss seinen Führerausweis abgeben.
September 2022: Ein 14-Jähriger brettert im Auto seines Vaters mit 213 km/h über die A1 in Wil SG. Erlaubt sind dort 120 km/h. Er wird von einer Radaranlage beblitzt und bei der Jugendstaatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht.
Februar 2023: Die Polizei will in Wetzikon ein Fahrzeug kontrollieren, weil das Kontrollschild nicht zum Fahrzeug passt. Darin sitzt ein 16-Jähriger, der die Schilder zuvor geklaut und am Auto seiner Mutter montiert hat. Er entzieht sich der Kontrolle und rast mit 90 km/h durch mehrere 30er Zonen. Irgendwann verliert er die Kontrolle und baut einen Unfall. Unverletzt verlässt er den Unfallort, wird jedoch später von der Polizei ausfindig gemacht. Auch dieser Teenager wird der Jugendanwaltschaft übergeben.
Alle drei Fälle haben eines gemeinsam: Die Täter sind minderjährig und sie haben ein Raserdelikt begangen.
Diese Strafen drohen Erwachsenen bei Raserdelikten
Im Erwachsenenstrafrecht hat ein Raserdelikt gravierende Konsequenzen: Wer in der Schweiz die angegebene Höchstgeschwindigkeit massiv überschreitet, muss mit mindestens einem Jahr Freiheitsentzug, einem Eintrag ins Strafregister und mindestens zwei Jahren Ausweisentzug rechnen. Bei Junglenkenden wird zudem der Führerausweis auf Probe annulliert.
Ab diesen Geschwindigkeiten gilt man in der Schweiz als Raser
Bei…
...mindestens 40 km/h zu schnell, wo Höchstgeschwindigkeit 30 km/h gilt
...mindestens 50 km/h zu schnell, wo Höchstgeschwindigkeit 50 km/h gilt
...mindestens 60 km/h zu schnell, wo Höchstgeschwindigkeit 80 km/h gilt
...mindestens 80 km/h zu schnell, wo Höchstgeschwindigkeit 100 km/h gilt
...mindestens 80 km/h zu schnell, wo Höchstgeschwindigkeit 120 km/h gilt
Nur wenige Fälle von Strolchenfahrten
Bei minderjährigen Personen zwischen 10 und 18 Jahren gilt hingegen das Jugendstrafrecht. Hier sind die Sanktionen und Verfahren anders gestaltet als im Erwachsenenstrafrecht. Denn: «Junge Menschen befinden sich noch in der Entwicklung und sind für pädagogische Ansätze erreichbar», sagt Adrian Schuler, Mediensprecher der Oberstaatsanwaltschaft im Kanton Aargau. Der Fokus liege nicht auf der Bestrafung, sondern in erster Linie auf der Erziehung und dem Schutz der Jugendlichen. Schuler betont zudem, dass solche Fälle nicht sehr häufig vorkommen: «Im vergangenen Jahr mussten im Kanton Aargau lediglich drei Jugendliche mit derart krassen Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem Strafverfahren der Jugendanwaltschaft konfrontiert werden». Dabei handele es sich trotz der hohen Geschwindigkeiten aber um Strolchenfahrten.
Billet weg auf unbestimmte Zeit
Und dennoch: Nach einem Raserdelikt können Minderjährige nicht mit 17 den Lernfahrausweis beantragen. «Der Fahrausweis wird ihnen für unbestimmte Zeit verweigert. Sie sind aber für mindestens zwei Jahre gesperrt – im Wiederholungsfall sogar 10 Jahre», sagt Sandra Olar, Leiterin Kommunikation des Departements Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau. Zudem werde eine verkehrspsychologische Fahreignungsabklärung angeordnet. «Die Verweigerung wird erst aufgehoben, wenn die Sperrfrist abgelaufen ist und die Fahreignung bestätigt wurde.»
Im verkehrspsychologischen Gutachten können auch entsprechende Auflagen empfohlen werden, zum Beispiel ein Kurs bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung oder eine Verkehrstherapie. «Diese werden vom Strassenverkehrsamt angeordnet und kontrolliert», so Sandra Olar.

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