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Die schrägsten Verkehrsfragen der Community
Oft fragen unsere Leserinnen und Leser STREETLIFE um Rat. Manche Fragen überraschen, sind schräg oder einfach interessant. Wir präsentieren eine Auswahl samt unseren Antworten. Wusstest du zum Beispiel, was eine Stotterbremse ist und dass auch Verkehrssignale gelten, die du nicht sehen kannst?
1. Wieso muss ich blinken? Andere dürfen sich doch sowieso nicht darauf verlassen.
Doch, dürfen sie – meistens. Man nennt das Vertrauensgrundsatz: Andere dürfen sich darauf verlassen, dass du dorthin fährst, wohin du anzeigst. Dass es oft heisst, man dürfe sich nicht darauf verlassen, liegt an der Gefahr einer Teilschuld. Denn wäre am Fahrstil erkennbar gewesen, dass der Blinker versehentlich gesetzt war, bekäme ein deshalb dem blinkenden Auto den Vortritt nehmender Autofahrender je nach Fall einen Teil der Schuld. Blinken solltest du aber bitte. Aus Rücksicht und weil es vorgeschrieben ist (Busse: 100 Franken).
2. Ich habe einem anderen Auto den Vortritt genommen. Bei der Unfallaufnahme kam heraus, dass das Auto dort nicht hätte durchfahren dürfen, weil der Fahrer kein Anstösser war. Bin ich trotzdem schuld?
Ja, bist du. Es ist ein Missverständnis, dass Fehler anderer eigene Fehler ausgleichen. Ein Beispiel: Fährst du einem Dauerlinksfahrer dicht auf, werden beide bestraft. Warum? Es sind zwei Verstösse: Der Linksfahrer hat zwar behindert, aber deshalb darfst du ihn trotzdem nicht gefährden. In deinem konkreten Fall ist es ähnlich: Der andere zahlt Strafe (Fahrverbot). Aber du auch (Vortritt). Denn am Unfall war nicht sein Verstoss schuld.
3. Stimmt es, dass BMW mal zu Mercedes gehört hat?
Nein, aber fast wäre das so gekommen. In den 1950er-Jahren war BMW fast pleite: Der Zweite Weltkrieg hatte BMW schwer getroffen, der Absatz schwächelte, der neue Käfer-Gegner 700 brachte noch kaum Geld ein. Die Deutsche Bank als BMW- und Mercedes-Grossaktionär fädelte einen Deal ein: 1959 sollte Mercedes die Marke BMW übernehmen. Doch die BMW-Kleinaktionäre wehrten sich und fanden in allerallerletzter Minute an der Aktionärsversammlung einen Formfehler. Bingo! Der Deal platzte, BMW fand neue Investoren, der 700 lief bald gut genug. Dank diesem Geld kam 1961 der 5er-Urahn Neue Klasse und machte BMW wieder erfolgreich.
4. Wieso lügen Elektroautos bei der Reichweite? Akkugrösse durch Normverbrauch ergibt weniger.
Das ist keine Lüge, aber «Tankinhalt durch Verbrauch gleich Reichweite» gilt nur für Verbrenner. Das kommt daher, dass Elektroautos etwas können, was kein Verbrenner kann: Sie gewinnen beim Rollen oder Bremsen Energie zurück, und dieser Strom erhöht die Reichweite. In Normverbrauch und Normreichweite ist das alles ebenso mit eingerechnet wie Verlustströme beim Laden. Hinzu kommt beim Ausrechnen: Die Akkukapazität kann statt netto (nur nutzbare Kapazität) auch brutto (inklusive nicht nutzbarer Reserve) angegeben sein.
5. Darf ich Kollegen mit Hupe, Lichthupe oder Winken grüssen?
Nein, jein und ja. Hupe (nur tagsüber, Busse 40 Franken) und Lichthupe sind Warnsignale. Die Lichthupe wird zudem toleriert, wenn es dem Miteinander im Verkehr dient – etwa, wenn man ein anderes Auto einscheren lässt. Ein kurzes Lichthupsignal zum Grüssen dürfte kaum gebüsst werden. Aber eigentlich gilt: Nur bei einer Gefahr darf gehupt oder gelichthupt werden, um zu warnen. Danach «Ausschimpfen» ist bereits illegal (und kann nötigend sein). Immerhin: Winken ist legal, falls die andere Hand am Lenkrad ist und es nicht ablenkt.
6. Muss ich zugeschneite Verkehrsschilder beachten?
Ja! Auch zugeschneite Signale gelten! Zwar muss man nicht die Schilder vom Schnee befreien. Aber die Bedeutung erahnen. Bei «kein Vortritt» sagt es die Form. Bei runden Schildern solltest du vorsichtshalber etwa Strenges vermuten. Beispiel: Du vermutest 50 km/h, es gilt aber 30 km/h, du wirst geblitzt und wehrst dich. Wies nichts anderes (Wohngebiet, Blumenkübel etc.) auf Tempo 30 hin, könntest du mit tieferer oder ohne Busse davonkommen. Gab es aber Anzeichen oder bist du ortskundig, hast Protest schlechte Karten.
7. Gelten Tempolimiten auch, wenn ich rückwärtsfahre?
Selbstredend ja, denn es zählt nur die Geschwindigkeit als solche und nicht, ob vorwärts oder rückwärts. Aber beim Rückwärtsfahren ist das Limit noch strenger: Dann ist Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben.
8. Mein Pickup ist zu gross für das Parkfeld. Aber ich habe ja keine Wahl. Werde ich trotzdem gebüsst?
Ja, denn Gerichtsurteile sagen: Du hast die Wahl. Zwar gibt es einen Toleranzbereich. Aber der kommt auf die kontrollierende Person an, und du darfst eben nur Felder nutzen, die für den Pickup geeignet sind. Er muss also hineinpassen. Geht das nicht, musst du woanders parkieren. Theoretisch müssten auch Stossstangen und Spiegel im Feld sein. Praktisch wird aber erst gebüsst, wenn Räder auf oder ausserhalb der Linien sind.
9. Wie macht man Stotterbremse? Sie soll beim Bremsen die Sicherheit erhöhen.
Leider vermindert sie eher die Sicherheit. Die Stotterbremse wurde in den 1960er-Jahren empfohlen. Damals gab es kein Antiblockiersystem (ABS). Blockierten beim Vollbremsen die Räder, sollte man die Bremse leicht lösen, um wieder lenken zu können, dann wieder voll bremsen, wieder lösen und so weiter. Nur bekommen das höchstens Rennfahrer so optimal hin wie heute ein ABS. Bei normalen Lenkenden verlängerte es nur die Bremswege so stark, dass man ab den 1980er-Jahren sagte: Ohne ABS lieber voll in die Eisen und blockieren, weil es der sicherste Weg ist, um Tempo abzubauen. Und höchstens gezielt Bremse lösen, um auszuweichen.
10. Darf ich rasen, um meine blutende Freundin ins Spital zu fahren?
Nur, wenn es ein absoluter Notfall ist, bei dem nur dadurch das Leben deiner Freundin gerettet werden kann. Gerichte zeigen in solchen Fällen oft Verständnis für diese Paniksituation, aber die Strafen werden nur dann gemildert, wenn du wirklich annehmen musstest, dass es um ihr Leben geht und andere Mittel (wie etwa das Rufen des Rettungsdienstes) nicht rechtzeitig helfen könnten. Straffreiheit ist selten. Also lieber 144 wählen.
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