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Der Nissan Ariya lässt sich über Holz bedienen
Um Nissan ist es in den letzten Jahren etwas ruhig geworden. Dabei gehörte die japanische Marke zu den Elektro-Vorreitern. Mit dem Ariya hatte sie schon das zweite Modell am Start, als andere noch am ersten Stromer entwickelten. Der Schnell-Check von STREETLIFE zeigt, ob der zwei Jahre alte SUV mit aktuellen E-Autos mithalten kann?
Paparazzi-Faktor
Mich erinnert der Nissan Ariya an eine Katze, die einen Buckel macht, weil er in der Seitenansicht einen Buckel hat. Und es gefällt mir nicht. Der SUV wirkt auf mich etwas klobig, weil die Front sehr hoch ist und auch die seitlichen sowie hinteren Scheiben sehr hoch beginnen. Wobei das natürlich immer Geschmackssache ist. Immerhin haben die Nissan-Designer schon vor zwei Jahren den Trend zu den heutigen SUV-Coupés vorhergesehen. Denn mit seiner zum Heck abfallenden Dachlinie liegt der Ariya voll in der heutigen SUV-Mode.
Das Blitzlichtgewitter der Paparazzi-Kameras entfacht der Japaner, wenn man die Tür öffnet. Im Innenraum warten Sitze aus blauem Nappaleder sowie ein Armaturenbrett und Türverkleidungen aus blauem Alcantara. Der Farbton harmoniert mit den dunklen Holz-Zierleisten und hebt das Interieur in eine andere Klasse. Da könnte sich auch die eine oder andere Luxusmarke eine Scheibe davon abschneiden.
Harassen-Faktor
Das buckelige Design hat auch Folgen für den Laderaum. Der ist mit einem Ladevolumen von 415 Litern eher etwas bescheiden, vor allem auch im Vergleich zur direkten Konkurrenz von VW ID.4 oder Tesla Model Y. Ein kleiner Vorteil ist hier, dass das Heckfenster erst weiter oben beginnt. Damit können höhere Gegenstände, wie beispielsweise Koffer, die gesamte Länge des Laderaums ausnutzen. Auch im Fond macht sich die abfallende Dachlinie bemerkbar. Erwachsenen fehlt schnell mal etwas Platz für den Kopf. Immerhin können sie den Kopf etwas einziehen, indem sie auf dem Sitz etwas nach vorne rutschen, denn es gibt genug Beinfreiheit.
Nerd-Faktor
Die Augen der Nerds haften im Ariya nicht auf den zwei Bildschirmen im Armaturenbrett, sondern auf den Holzapplikationen darunter und in der Mittelkonsole. Denn Nissan hat im Holz Knöpfe integriert. Es sind Touch-Knöpfe, die auf Berührung reagieren und das Holz nicht unschön unterbrechen wie richtige Druck-Knöpfe. Es gibt sie im Armaturenbrett für die Klimaanlage und in der Mittelkonsole für die Fahrmodi und ein Geheimfach. Dieses fährt elektrisch zwischen Fahrer- und Beifahrer hervor, wenn man den Knopf gedrückt hält.
Weiter gibt es das klassische Handschuhfach gegenüber dem Beifahrersitz. Eine ebenso clevere Lösung: Die Mittelkonsole lässt sich auf Knopfdruck der Länge nach verschieben. Mit einem Head-up-Display, digitalen Instrumenten, Abstandstempomat sowie Smartphone-Integration ist der Ariya technologisch auf der Höhe der Zeit.
Monza-Faktor
Der Ariya hat keine Ambitionen auf der Rennstrecke, auch wenn er mit 306 PS und 600 Nm maximalen Drehmoment aus zwei Elektromotoren ordentlich Leistung liefert. In 5,7 Sekunden kann der knapp 2,3 Tonnen schwere SUV auf Tempo 100 sprinten. Das war es dann aber auch mit seinem sportlichen Talent. Sobald es in die Kurve geht, bevorzugt er ein gemässigteres Tempo. Die Lenkung ist zu schwammig, um präzise in den Scheitelpunkt zu stechen und die Federung so weich, dass der Ariya schwankt.
Dafür punktet der Nissan im Alltag mit seinem Komfort. Mit ihm fährt es sich entspannt an die Rennstrecke oder durch den Berufsverkehr. Dabei dringen kaum Fahrgeräusche an die Ohren der Insassen, womit sich die Musik oder das Hörbuch besser geniessen lassen. Schliesslich gibt einem der Allradantrieb gerade für den kommenden Winter die nötige Sicherheit.
Planeten-Rettungs-Faktor
Das brauchen wir für den Durchbruch der Elektromobilität. Über 400 Kilometer Reichweite im Schnell-Check von STREETLIFE sind stark. Dabei hat der Ariya eine eher kleine Batterie mit einer Netto-Kapazität von 87 Kilowattstunden und einen etwas hohen Verbrauch von 23 kWh auf 100 Kilometer. Zu Beginn des Tests war die Reichweitenangabe noch etwas ambitioniert, mit über 500 Kilometern. Der Grund: Der Testwagen war frisch ab Werk und das System für die Berechnung der Reichweite noch auf keine Erfahrungswerte zurückgreifen konnte. Mit fortschreitender Testdauer und weiteren Ladezyklen wurde die Angabe immer realistischer und damit verlässlicher.
Check-Bilanz
Der Ariya wirkt zwar etwas klobig, aber liegt mit seiner Coupé-Form voll im Trend. Das Interieur überrascht mit optionalem blauem Farbton und lässt einen eine Prise Luxus schnuppern. Dafür verlangt Nissan auf den ersten Blick einen stolzen Preis. Über 70'000 Franken ist zwar noch nicht die Preisklasse der noblen Marken, aber für den Mittelstand schon ordentlich. Der Vergleich mit den direkten Konkurrenten zeigt aber, dass diese ähnliche Preise verlangen. Und beim Nissan Ariya gibt es dafür eine beruhigende Alltags-Reichweite von über 400 Kilometern.
Nissan Ariya «Evolve» 87 kWh e-4ORCE: Fakten
- Motor: 2 Elektromotoren, Systemleistung: 306 PS (225 kW), 600 Nm@1/min
- Batterie: Brutto / Netto 87 / 91 kWh = 498 km, Test: 402 km
- Antrieb: 1-Stufen-Automatik, 4x4
- Fahrleistung: 0-100 km/h in 5,7 s, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
- Verbrauch: Werk / Test: 19,4 / 23,0 kWh/100 km, 0 g CO₂/km, Energieeffizienz B
- Masse: Länge/Breite/Höhe: 4,60 m / 1,90 m / 1,65 m
- Laderaum: Kofferraum 415 l
- Leergewicht: 2259 kg, Anhängelast gebremst/ungebremst: 1500/750 kg
- Preis: ab 67’990 Fr., Testwagen mit Extras 20-Zoll-Leichtmetallfelgen (1000 Fr.), Nappaleder blau (1500 Fr.): 70’490 Fr. (Basis: «Engage» 63 kWh, 218 PS, Front: 45’990 Fr.)
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