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Darf ich mit dem L über die Grenze fahren?
Autofahren braucht Übung. Die Schweiz erlaubt Neulenkenden deshalb, auch ausserhalb der Fahrschule Praxis zu sammeln. Aber welche Regeln gelten beim begleiteten Fahren mit dem L und für Neulenkende? Besonders in Grenzregionen ist Vorsicht geboten.
Das blaue L am Heck eines Autos hat etwas Beruhigendes im Strassenverkehr. Sofort hat man am Steuer etwas mehr Geduld, hält noch etwas mehr Abstand und ein Fahrfehler wird eher verziehen. Die Nachsicht, die wir anderen Autofahrenden oft nicht gewähren, zeigen viele ausgerechnet gegenüber Neulenkenden
Anforderung an die Begleitperson
Wenn das L am Heck prangt, ist das nicht nur ein Schutzschild gegenüber anderen Verkehrsteilnehmenden, sondern auch mit Verpflichtungen für die Begleitperson verbunden. So gilt für sie beispielsweise eine Null-Toleranz bei Alkohol. Wie für die Fahrlernenden gilt auch für die Begleitperson gemäss Artikel 2a der Verkehrsregelverordnung VRV ein Limit von 0,05 mg/l Atemalkoholkonzentration (= 0,1 Promille). Der Wert ist nicht bei 0,0 mg, weil auch die Verdauung von Früchten zu Alkohol im Blut führen kann. Der Nachwuchs kann einen also nicht mit dem Lernfahrausweis nach Hause fahren, wenn man etwas zu viel getrunken hat.
Lernfahrten im Ausland
Auch in den Ferien kann der Nachwuchs nicht einfach einspringen und sich ans Steuer setzen, wenn man müde ist – zumindest nicht, wenn er noch mit dem Lernfahrausweis unterwegs ist. Denn der Lernfahrausweis ist im Ausland grundsätzlich nicht gültig, weiss Fahrlehrer Willi Wismer, Vizepräsident beim Schweizer Fahrlehrerverband «L-Drive» und für die Aus- und Weiterbildung verantwortlich. «Beim Lernfahrausweis handelt es sich um ein rein Schweizer Dokument, welches im Gegensatz zum Führerschein im Ausland in aller Regel nicht anerkannt ist.»
Sprich: Er berechtigt einen im Ausland nicht zwingend zum Führen eines Autos, auch nicht mit Begleitperson. «In Deutschland beispielsweise dürfen Fahrschüler nur mit dem Fahrlehrer fahren», erklärt Wismer. «Begleitete Lernfahrten wie in der Schweiz kennt Deutschland gar nicht, ausser beim Führerschein ab 17.» Der Fahrerlehrer ergänzt: «Wer wirklich Lernfahrten im Ausland unternehmen will, muss sich vorgängig bei den zuständigen Behörden im Ausland und bei seiner Versicherung erkundigen.»
Strengere Fahrausbildung im Ausland
In Deutschland erlaubt das begleitete Fahren, dass Jugendliche schon ab 17 Jahren fahren können – mit Begleitperson. Dabei gibt es zwei Unterschiede zur Schweiz: Erstens müssen die Neulenkenden die praktische Fahrprüfung bereits bestanden haben; und zweitens müssen sie die Begleitpersonen vorab festlegen und in der sogenannten Prüfungsbescheinigung schriftlich angegeben. Diese dient als vorübergehende Fahrerlaubnis, bis die Neulenkeden mit 18 Jahren den regulären deutschen Führerschein erhalten.
Frankreich und Österreich kennen eine ähnliche Art von begleitetem Fahren. Sie sind mit strengeren Auflagen verbunden als die Lernfahrten in der Schweiz. So müssen in Frankreich Neulenkende und Begleitpersonen der Versicherung gemeldet werden. In Österreich wie Frankreich müssen die Lernenden schon erste Fahrstunden in der Fahrschule besucht haben. Die Begleitpersonen dürfen keine schweren Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz begangen haben und müssen sich mit der Fahrschule absprechen. In Italien dürfen Neulenkenden nur mit zugelassenen Fahrlehrern fahren, bis sie die praktische Fahrprüfung bestanden haben.
Die Rechtslage in der Schweiz
In der Schweiz setzt Artikel 15, Absatz 1 des Strassenverkehrsgesetzes SVG lediglich voraus, dass die Begleitperson über «den entsprechenden Führerausweis verfügt». Das heisst: In der Schweiz darf auch eine Person mit ausländischem Führerausweis eine Lernfahrt begleiten. Aber – die Grenze bleibt tabu. Das L darf nur in der Schweiz fahren. Wer in der Grenzregion lebt, sollte die Route für die Lernfahrt deshalb vorab gut planen. Es ist auch nur bedingt sinnvoll, im Ausland zu fahren, erklärt das Bundesamt für Strassen ASTRA auf Anfrage von STREETLIFE: «Denn die verkehrlichen Begebenheiten beziehungsweise die Kenntnisse der Verkehrsvorschriften unterscheiden sich von denen, die an der praktischen Führerprüfung im eigenen Land geprüft werden.»
Neulenkende im Ausland
Auch nach dem erfolgreichen Abschluss der praktischen Fahrprüfung ist für Neulenkende bei einer Fahrt ins Ausland Vorsicht geboten. Denn unsere Nachbarländer kennen wie die Schweiz eine Probezeit von zwei bis drei Jahren für Neulenkende. In dieser Zeit gelten strengere Verkehrsregeln, beispielsweise beim Thema Alkohol am Steuer. In Deutschland und Frankreich liegt die Grenze bei 0,1 mg/l, in Österreich wie in der Schweiz bei 0,05 und in Italien bei 0 mg/l.
Frankreich und Italien kennen ausserdem andere Tempolimits für Neulenkende. In Italien dürfen sie sogar nur Autos fahren, die weniger Leistung als 75 PS (55 kW) pro Tonne Fahrzeuggewicht haben. Allerdings: Für Schweizer Neulenkende gelten die anderen Tempolimits und die Leistungsbeschränkung nicht. Diese Vorschriften beziehen sich – im Gegensatz zu den Alkohol-Regeln – ausschliesslich auf italienische Führerscheine. Anderes sieht die Situation in Frankreich aus. Hier müssen sich auch Neulenkende aus der Schweiz an die tieferen Tempolimits halten. Sprich auf französischen Autobahnen gilt 110 statt 130 km/h, auf Autostrassen 100 statt 110 km/h.
Unsicher ist, ob auch Schweizer Neulenkende ihr Auto mit einem roten «A» für «Apprenti» (Lehrling) kennzeichnen müssen. Laut Gesetz bezieht sich diese Vorschrift nur auf in Frankreich zugelassenen Fahrzeuge und in Frankreich wohnhafte Lenkende. Wer sicher gehen will, fragt bei der französischen Botschaft nach. Grundsätzlich empfiehlt sich Neulenkenden, die den Führerschein noch keine drei Jahre haben, vor der Fahrt ins Ausland abzuklären, ob für sie im jeweiligen Land besondere Vorschriften gelten.
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