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Verkehr •
Saisonauftakt für Tuning-Szene

Car-Friday: Die Polizei hat Autoposer schweizweit im Auge

Den Karfreitag hat die Auto-Tuning-Szene rot im Kalender angestrichen: Viele Autofans treffen sich zum Saisonauftakt an den bekannten Hotspots. Wie die Polizei sich darauf vorbereitet und wie die Tuning-Szene dazu steht, zeigt die Recherche von STREETLIFE.

Unter dem Namen «Car-Friday» versammeln sich Autofans aus der ganzen Schweiz diesen Freitag an verschiedenen Schweizer Hotspots. Stolz präsentieren sie ihre aufpolierten und getunten Boliden. Einer davon ist der 20-jährige Aargauer Lejs Mujanovic. Der Hobbymechaniker freut sich bereits auf die Treffen: «Man kann wieder mit Freunden abhängen und die Autos bestaunen. Ich freue mich sehr darauf.»

Autotreffen in deutschem Singen verboten

Doch nicht jeder teilt Mujanovics Euphorie auf den Saisonstart. So hat die deutsche Stadt Singen – ein beliebter Treffpunkt auch für Schweizer Autofans - Autotreffen auf öffentlichen und privaten Plätzen bis nach Ostern verboten. Grund dafür sind erhebliche Lärmbelästigungen, massive Verschmutzungen und schwere Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz rund um den sogenannten «Obi-Kreisel». In der Vergangenheit soll es dort zu Zusammenstössen mit der Polizei gekommen sein: Kontrollen wurden ignoriert und Beamte sogar bedroht. 

Singen hat für dieses Jahr drastische Strafen angekündigt. Wer sich trotz Verbot vor Ort aufhält, muss mit einer Busse von 150 Euro beziehungsweise 147 Franken rechnen. Wer dann nicht innerhalb von 20 Minuten verschwindet, dem wird der Wagen konfisziert und abgeschleppt – auf Kosten des Verursachers. Hobbyschrauber Mujanovic ist enttäuscht, dass es solche Verbote gibt: « Es gibt ohnehin immer weniger Treffpunkte. Es wird daher immer schwieriger, sich mit Gleichgesinnten zu treffen.»

Schweizer Polizei in Bereitschaft

Nehmen sich Schweizer Städte jetzt das deutsche Singen zum Vorbild? Werden hierzulande auch Verbote ausgesprochen? STREETLIFE hat bei verschiedenen Polizeikorps nachgefragt.

Bern

Die Berner Kantonspolizei kennt das Problem mit Autoposern. Im Kanton sind diverse Hotspots bekannt. Im Zentrum steht hier der Parkplatz beim Einkaufszentrum in Rubigen oder die Gemeinde Wichtracht. Aktuell sieht die Polizei vor Ort keinen dringenden Handlungsbedarf. «Die Probleme beginnen erst dann, wenn an den fraglichen Fahrzeugen unerlaubte Abänderungen vorgenommen werden oder die Lenker oder Lenkerinnen mit Geschwindigkeits- oder Lärmwiderhandlungen auffallen», so Kapo-Sprecher Daniel Niederer.

Die Kapo Bern setzt auf Information und konsequentes Durchgreifen. «Wir begegnen dem Problem in präventiver, wie etwa in Form einer Plakataktion, als auch in repressiver Hinsicht. Dabei werden allgemeine oder auch gezielte Verkehrskontrollen durchgeführt.»

Aargau

Im Kanton Aargau konzentrieren sich die Autotreffen auf die Raststätte Würenlos, auch bekannt als «Fressbalken». So kam es in der Vergangenheit zu Sperrungen der Raststätte wegen zu grossem Verkehrsaufkommen und Rückstau auf die Autobahn A1. Tankstellenkunden und Gäste der Raststätte fanden keinen Platz mehr – die Geschäftsleitung organisierte deshalb eigenes Sicherheitspersonal.

«Die Kantonspolizei Aargau stellt im ganzen Kantonsgebiet die öffentliche Ordnung sicher und so auch auf dem Rastplatz», erklärt Mediensprecher Marco Roduner auf Anfrage. «Im Ereignisfall, wie etwa bei einem Unfall oder einer gefährlichen Situation, wird die Polizei ausrücken.» 

St. Gallen

Etwas schwieriger ist die Arbeit für die Kantonspolizei St. Gallen. Laut Sprecher Florian Schneider gibt es keinen einzelnen spezifischen Autoposer-Hotspot. «Grundsätzlich sind alle Innerortsstrecken, bei denen sich auch Publikum aufhält, prädestiniert für das Aufkommen von Autoposern. Die Kantonspolizei St. Gallen hat deshalb unzählige regionale Hotspots zu bewältigen.»

Auch am Karfreitag rechnet man mit einem hohen Aufkommen von Autoposern. «Sobald schönes Wetter ist, tritt das Phänomen sofort wieder auf», erklärt Schneider. «Die Patrouillen der Kantonspolizei sind bereit, Kontrollen auszuführen, sollten diese nötig werden.» 

Dicke Luft unter den Autofans

Die Negativ-Schlagzeilen rund um die Autoposer sorgen auch in der Tuning-Szene für Ärger. So ärgern sich echte Hobbyschrauber über die vielen Negativschlagzeilen, die Autoposer immer wieder verursachen. «Das ist nicht fair», meint Autotuner Lejs Mujanovic. Er fühle sich in eine falsche Schublade gesteckt. «Autoposer kaufen oder leasen sich neue Wagen, die nur Originalteile verbaut haben. Mit Autotuning hat dies aber nichts zu tun. Hier muss man die Poser klar von den Tunern trennen.»

Ähnlich tönt es bei Christoph Schwägli, Präsident des Auto, Technik und Design-Verbands Schweiz-Liechtenstein ATVSL. «Diese Autoposer haben uns Tunern einen schlechten Ruf verpasst», ärgert er sich. «Sie donnern mit einer nicht zulässigen Auspuffanlage hundertmal durch die Stadt.» Es sei kein Wunder, habe die Bevölkerung nur wenig Verständnis dafür. 

Von den Autotreffen, die ab Karfreitag wieder regelmässig stattfinden, distanziert sich der Verband deshalb deutlich. «Wir haben mit diesen Treffen nichts zu tun. Wir orientieren uns nur an seriösen Arbeiten am Auto, die auch legal und zugelassen sind.» Deshalb wünscht sich der Verbandspräsident: «Diese Treffen sollen sauber und offiziell organisiert werden, dann würde es nicht dauernd Probleme geben und Autos mit nicht zugelassenen Teilen könnte man gleich von Anfang an ausschliessen.»

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