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Das letzte seiner Art?

Autokinos in der Schweiz verschwinden – eines hält trotzig durch

Die Open-Air-Kino-Saison ist in vollem Gange. Doch während sich klassische Freiluftkinos in Städten und Agglomerationen immer weiter ausbreiten, sieht es für die Autokinos düster aus. Die Ursachen sind vielfältig – doch an den Besucherzahlen liegt es nicht.

Als die Welt stillstand, Freizeitangebote rar waren und wir hinter geschlossenen Türen auf Abstand lebten, feierten sie plötzlich ihr Comeback – die Autokinos. Während der Corona-Pandemie schossen Drive-ins in der Schweiz wie Pilze aus dem Boden: Sarnen, Dietlikon, Root oder Amriswil – für kurze Zeit wurde der Parkplatz zur Leinwand. Jetzt zeigt sich: Der Boom war ein Strohfeuer Fünf Jahre später steht die Schweizer Autokino-Landschaft vor einem Totalschaden. Von rund einem Dutzend ehemaliger Veranstalter ist fast kein Veranstaltungsort mehr übrig. 2025 findet gerade noch ein einziges Autokino statt. 

Sponsoren weg, der Aufwand bleibt

Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig – und haben wenig mit fehlender Nachfrage zu tun. So musste das beliebte TCS Autokino Hinwil seine Ausgabe 2025 trotz wachsender Zuschauerzahlen absagen. «Das Autokino ist von Jahr zu Jahr gewachsen», teilen die Verantwortlichen Anfang Sommer mit. Und trotzdem sei es dieses Jahr nicht gelungen, die nötigen Sponsorengelder bis zur gesetzten Fritz zusammenzutragen. Weil man an den Eintrittspreisen nicht schrauben wolle, habe man sich für die Absage entschieden. 

Auch das Cinema Drive-In Pratteln pausiert: Änderungen im Nutzungskonzept des Veranstaltungsareals machten eine Durchführung unmöglich. Ein neuer Standort für 2026 wird gesucht. Das Autokino Ägeri gönnt sich nach den letzten vier Jahren eine Verschnaufpause. Die Planung und Durchführung eines solchen Events sei zeitintensiv und mit viel Engagement verbunden, heisst es auf Seiten der Veranstalter. 2026 soll das Comeback folgen.

Ein Verein hält durch 

Und dann ist da noch Muri. Ein Hügel im Aargau, eine riesige Leinwand, ein Parkplatz voller Autos – Minis, Cadillacs oder auch der gewöhnliche Ford Fiesta. Hier lebt die Autokino-Tradition – nicht wegen, sondern trotz der Umstände. «Wir sind kein Unternehmen, sondern ein Verein. Bei uns läuft alles freiwillig und mit viel Herzblut», erzählt Dani Hold, OK-Mitglied des Autokino Muri gegenüber STREETLIFE.

Rund 40 bis 50 freiwillige Helfende sind jedes Jahr im Einsatz – vom Einweisen der Fahrzeuge über die Filmtechnik bis zur Festwirtschaft. «Wir sind nicht auf Grossfirmen als Sponsoren angewiesen. Die meisten Partner kommen aus der Region und unterstützen uns seit Jahren mit Beträgen. Dafür verzichten wir bewusst auf übertriebene Werbeschirme und Brandingflächen.»

Dass das funktioniert, liegt auch am treuen Publikum, denn das Autokino Muri existiert bereits seit mehr als 25 Jahren. Ursprünglich als Ami-Car-Treff konzipiert, war das Kino eigentlich nur Nebensache. Und das ist auch heute noch so: «Viele kommen schon vor dem Film, schlendern durch die Reihen, schauen Motoren und Karosserien an. Einige reisen sogar jedes Jahr aus Deutschland oder Spanien an», erzählt Dani Hold. Und auch der Veranstaltungsort selbst ist ein Glücksfall. «Der Bauer, dem die Wiese gehört, ist Ehrenmitglied des Vereins. Wir müssen keine teuren Mieten zahlen und jedes Jahr einen neuen Platz suchen, das spart enorm.»

Bleibt also nur noch ein Gegner, den auch das eingespielteste OK nicht in den Griff bekommt: das Wetter. Denn wenn einer dem Autokino Muri noch die Show stehlen kann, dann ist es der Wind. Doch bisher hat sich jedes Sommergewitter rechtzeitig verzogen – und für die Vorstellungen nächste Woche sieht’s (toi, toi, toi) ziemlich gut aus. 

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