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«Anstieg der kriminellen Energie» – 27 Prozent mehr Autoeinbrüche
Geld im Handschuhfach oder die Sonnenbrille auf der Ablage reichen oft schon als Anreiz: Fahrzeugeinbrüche nehmen schweizweit zu. In drei Kantonen stiegen die Straftaten 2024 sogar um mehr als 70 Prozent an. Was steckt dahinter?
Eine Gruppe junger Leute streift durch ein Quartier und geht von Fahrzeug zu Fahrzeug. Dabei prüfen sie, ob sich die Türen öffnen lassen. Es sind sogenannte «Fälleler». Im Fall, der sich am 24. März um 22.30 Uhr in Zürich ereignet, beobachtet ein Anwohner die Gruppe und alarmiert die Polizei. Sofort rücken mehrere Patrouillen aus. Sie können eine 20-jährige Schweizerin, einen 24-jährigen Schweizer und einen 23-jährigen Spanier kontrollieren und bei ihnen Diebesgut sicherstellen. Die drei müssen auf die Wache.
Knapp ein Drittel mehr Fälle
Solche Diebstähle aus offenen Fahrzeugen nehmen zwar tendenziell ab. Doch Fahrzeugeinbrüche, bei denen gewaltsam eingedrungen wird, erleben einen Boom. Denn: Schweizweit stieg die Zahl um 27 Prozent von 6707 auf 8506 gemeldeter Straftaten an, das besagt die neuste Kriminalstatistik.
Einer der Kantone, der im vergangenen Jahr besonders stark betroffen war, ist Bern. Der Kanton verzeichnete im Jahr 2024 einen Anstieg der Autoeinbrüche von 73 Prozent auf 1006 Fälle. Noch heftiger war die Zunahme in Luzern und Graubünden. Der Innenschweizer Kanton verzeichnete 135 Prozent mehr Einbrüche und zählte 421 Delikte. In Graubünden kam es zu einem Anstieg von 125 Prozent auf 223 Delikte.
«Schnelles Geld» machen
Für Luzern kommt die Entwicklung überraschend. Die Zahl der Fahrzeugeinbrüche liegt seit 2019 nämlich zwischen 109 und 231 Fällen – jetzt waren es 400. Die Luzerner Polizei stellt dazu fest: «Viele Delikte in diesem Bereich entfallen auf wenige sogenannte Intensivtäter, die immer wieder solche Delikte verüben», berichtet Mediensprecher Yanik Probst. Dabei setze die Polizei bereits auf Prävention, so mit Plakaten bei Parkhäusern, die auf das Problem aufmerksam machen.
Die Täterschaft stamme oft aus den Maghreb-Staaten, Tunesien, Algerien, Marokko und Westsahara. Wieso gerade diese Personen regelmässig Autoeinbrüche verüben würden, sei schwierig zu sagen. Klar ist jedoch, was sie damit bezwecken: «Sie suchen in der Regel Vermögenswerte, die sie schnell verkaufen und zu Geld machen können.»
«Anstieg der kriminellen Energie»
In Bern liess sich im Kampf gegen Diebstähle eigentlich ein Teilerfolg feiern. Bern habe letztes Jahr eine Kampagne lanciert und geraten, immer abschliessen und nichts Wertvolles im Auto lassen. «Die Sensibilisierung zeigte Wirkung», sagt Jessica Friedli, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern. Die Zahl von Einschleicher-Diebstählen sei nahezu gleichgeblieben.
Aber: Fälle mit gewaltsamem Eindringen hätten zugenommen. Sie stellt fest: «Die Täterschaft scheint eine erhöhte kriminelle Energie aufzuweisen.»
Auch Autodiebstähle nehmen zu – Besonders Autos der Marken Land Rover, Alfa Romeo und Porsche betroffen
Die Zahl der gestohlenen Autos stieg in den letzten Jahren an. «Waren es im Jahr 2021 noch rund 200 Autodiebstähle pro Jahr, zählen wir mittlerweile 400 bis 500 Autodiebstähle jährlich», sagt Simona Meili, Mediensprecherin der Axa Versicherungen. Verglichen mit anderen Schadenarten handele es sich beim Autodiebstahl jedoch um ein eher seltenes Ereignis.
Die Marken VW, BMW, Audi und Mercedes werden gemäss einer Auswertung 2022 am häufigsten gestohlen. Dies liege jedoch vor allem auch daran, dass in der Schweiz sehr viele Autos dieser Marken unterwegs seien, so Meili. «Schaut man sich die Diebstahlquoten an, also die gestohlenen Fahrzeuge pro versicherte Fahrzeuge, so fällt auf, dass das Risiko bei Autos der Marken Land Rover, Alfa Romeo und Porsche besonders hoch ist.»
Beliebtes Deliktgut: Schmuck
Auch in Bern sind es ähnliche Täterprofile. «Im Jahr 2024 brachen vor allem Personen aus den Maghreb-Staaten Algerien, Marokko, Tunesien und Libyen in Fahrzeuge ein. Die Reihenfolge entspricht der Häufigkeit», so die Sprecherin. In Bern weiss man ebenfalls nicht, weshalb diese Personengruppe besonders auffällt. Ganz allgemein würden sie beobachten, dass die Zahl an Straftaten zugenommen habe; das könnte damit zu tun haben, dass auch die Bevölkerung gewachsen sei.
Oft ist das Ziel dasselbe. «Die Täterschaft hat es in der Regel auf wertvolle Gegenstände abgesehen, die einfach zu stehlen sind, weder geortet noch zugeordnet werden können – und rasch zu Geld gemacht werden können», erklärt Friedli. Zum Bespiel Schmuck.
Wiederholungstäter am Werk
Und was war im Kanton Graubünden los? Hier nahmen die Einbrüche um 125 Prozent zu. «Es handelt sich hierbei um serielle Kriminalität, welche unter andrem von ausländischen Tätergruppierungen – Klammer: Kriminaltouristen – Asylbewerbenden und Personen aus dem Betäubungsmittelumfeld begangen wurden», sagt Roman Rüegg, Mediensprecher der Kantonspolizei Graubünden.
Zürich schaffte die Wende
«Ich glaube, dass es sich herumgesprochen hat, dass wir die Täter verhaften können», sagte der Zürcher Chef Kriminalpolizei Jann Leutenegger anlässlich der Medienkonferenz zu den Kriminalzahlen am 24. März. Man habe besonders intensive Täter erwischt, so Leutenegger.
Im Jahr 2023 klagte der Kanton noch über einen neuen Rekord an «Fälleler»-Diebstählen aus Autos. Der Trend konnte 2024 zum ersten Mal seit fünf Jahren durchbrochen werden. Die Fälleler nahmen um 20 Prozent ab. Die Anzahl Autoeinbrüche sank um zwei Prozent.
Wie genau die Polizei das geschafft hat, lässt sie offen. «Wir haben in dieser Deliktskategorie konkrete Polizeiaktionen durchgeführt», sagt Sprecher Florian Frei. Die Täterschaft stamme mehrheitlich aus dem Asylbereich. Aus taktischen Gründen könne man aber keine näheren Angaben zu den genannten Aktionen machen.
Auch im Nachbarkanton Aargau sind die Fallzahlen seit 2022 konstant hoch, doch scheinen sie sich zu stabilisieren. Die Autoeinbrüche seien insgesamt leicht zurückgegangen, sagt Dominic Zimmerli, Sprecher der Kantonspolizei Aargau. «Doch wir stellen fest, dass viele der Beschuldigten in den Einbruchsektor umgeschwenkt sind. So hatten wir Anfang Jahr eine extrem hohe Anzahl an Einbrüchen in Verkaufsgeschäfte», berichtet Zimmerli. Dazu zählen Läden wie Coop oder Migros.
Das empfiehlt die Polizei
Eine Umfrage von STREETLIFE bei der Polizei der besonders betroffenen Kantone ergab folgende Tipps, mit denen du dich gegen Autoeinbrüche schützen kannst.
- Auto immer abschliessen, auch für kurze Zeiträume und in der Tiefgarage zu Hause.
- Keine Wertsachen im Auto lassen.
- Achte auf den Spurenschutz und fasse nichts an, wenn dein Auto durchwühlt wurde.

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