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Politik & Wirtschaft •
Riskante Motion für Road-Pricing

Als «Trio Gotthard» gegen Monsterstaus

Ein nationalrätliches Trio der politischen Mitte meint es gut. Die kilometerlangen Monsterstaus am Gotthard sollen mit einer neuen, variablen Gebühr bekämpft werden. Deshalb hat der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler zusammen mit der GLP-Nationalrätin Corina Gredig und dem FDP-Nationalrat Matthias Jauslin eine Motion eingereicht.

Stadler muss es wissen, denn er ist persönlich betroffen: Er wohnt in Altdorf, dem Hauptort des Kantons Uri. Dort verstopfen an den Wochenenden diejenigen Autofahrer die Ortsdurchfahrt, die dem Stau auf der Gotthard-Autobahn ausweichen. Über Ostern oder Pfingsten kommen in Altdorf selbst Rettungsfahrzeuge kaum vom Fleck.

Noch tiefer in die Tasche greifen

Im historischen Altdorf soll sich Wilhelm Tell geweigert haben, Gesslers Hut zu grüssen. In der Gegenwart will der Urner Nationalrat Stadler zwar keine Ergebenheitsgesten an fremde Mächte einfordern, aber von den Durchreisenden einen Obolus abkassieren. Die vom Mitte-Trio am 5. Juni 2023 eingereichte Motion trägt den Titel «Variable Maut für den Nord-Süd-Transit und flankierende Massnahmen für andere alpenquerende Übergänge». Wer mit dem Auto ins Tessin reist, soll noch tiefer in die Taschen greifen – als wäre der Individualverkehr nicht bereits genug abgeschröpft.

Applaus von Links garantiert

Kern der Motion ist ein sogenanntes Road-Pricing, wie es beispielsweise an den Eingangsrouten der Millionenmetropole London angewendet wird. Bei stärkerem Verkehrsaufkommen werden von den Automobilisten höhere Gebühren eingefordert. Wer am Karfreitag um 10 Uhr durch den Gotthard will, soll hart zur Kasse gebeten werden. Diese flexible Maut soll zu einer optimaleren Auslastung führen. Als «Trio Gotthard» wollen Stadler, Gredig und Jauslin politisch punkten. Der Applaus von linker Seite scheint garantiert, denn das Abschröpfen des Individualverkehrs gehört zum Kernanliegen von Rot-Grün: Das Volk soll vermehrt als Kollektiv reisen.

Schuss ins eigene Knie?

Leider fördert Road-Pricing erfahrungsgemäss den Ausweichverkehr. Viele Maut-Flüchtige und Pendler würden einfach auf die Strassen der angrenzenden Urner Gemeinden ausweichen. Könnte die Motion zum Schuss ins eigene Knie werden? Mit «flankierenden Massnahmen» wollen die Motionäre den Ausweichverkehr verhindern. Beispielsweise mit einer zusätzlichen Gebühr für den Gotthardpass. Und genau in diesem Argument liegt die grösste Gefahr der Motion: Als Präjudiz für immer mehr neue Brücken-, Pass- oder Tunnelgebühren.


Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.

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