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«Tempo 80 auf der Autobahn schafft Probleme, keine Lösungen»
Der Bundesrat soll auf weitere flächendeckende Temporeduktionen auf Schweizer Autobahnen verzichten. Das fordert SVP-Nationalrat Thomas Knutti in einem neuen Vorstoss. Im Interview erklärt er, warum Tempo 80 aus seiner Sicht mehr Probleme schafft als löst – und wo er sinnvolle Alternativen sieht.
Herr Knutti, was war der konkrete Auslöser für Ihren Vorstoss gegen weitere Tempo-80-Abschnitte auf Autobahnen?
Ich bin täglich mit dem Lastwagen und dem Auto unterwegs und sehr nahe an der Praxis. Bereits im Sommer habe ich mich darüber geärgert, dass das ASTRA Tempo 80 auf weiteren Autobahnabschnitten ausweiten will. Zusammen mit drei Kollegen aus dem Nationalrat habe ich damals einen offenen Brief an den Bundesrat geschrieben. Eine Antwort habe ich bis heute nicht erhalten. Für mich war klar: Das ist der falsche Weg, und wir müssen das politisch verhindern. In ganz Europa fährt man 130 km/h, und bei uns will man heimlich Tempo 80 einführen. Das ist zumindest mein Verdacht.
Das ASTRA begründet Tempo 80 vor allem mit mehr Sicherheit und besserem Verkehrsfluss. Warum überzeugt Sie das nicht?
Sicherheit ist natürlich immer das einfachste Argument. Sicherheit wollen immer alle. Aber meine Wahrnehmung aus der Praxis ist eine andere: Die vielen Tempowechsel verunsichern die Autofahrerinnen und Autofahrer. Alle paar Kilometer ändert die Signalisation, die Leute bremsen abrupt – und genau das führt zu mehr Auffahrunfällen. Aus meiner Sicht destabilisieren diese Massnahmen den Verkehrsfluss, statt ihn zu verbessern.
In Ihrer am Freitag eingereichten Motion nennen Sie die A2 bei Pratteln als Beispiel. Was läuft dort falsch?
Dort ist teilweise von frühmorgens bis in den Vormittag Tempo 80 signalisiert, und trotzdem haben wir täglich sehr viel Stau. Das zeigt für mich klar: Tempo 80 löst das Problem nicht. Das eigentliche Problem ist, dass man den Ausbau zu lange verschleppt hat. Die Region Basel ist wirklich ein Deaster und hätte dringend Entlastung gebraucht, doch der Autobahn-Ausbau wurde bekanntlich leider abgelehnt. Jetzt versucht man, strukturelle Engpässe mit Temporeduktionen zu kaschieren.
Sie sprechen auch die Nutzung von Pannenstreifen an. Wäre das eine Alternative?
Ja, das wäre eine vergleichsweise rasch umsetzbare Massnahme. Pannenstreifen-Nutzungen brauchen kein neues Kulturland und könnten kurzfristig Entlastung bringen. Allerdings hat das Bundesgericht entschieden, dass solche Massnahmen öffentlich aufgelegt werden müssen. Das ägert mich, denn solche Prozesse verzögern alles massiv. Wir reden hier von 10 bis 15 Jahren. Deshalb müsste das Parlament dringend prüfen, ob gesetzliche Anpassungen möglich sind. Das müssen wir auch anstossen.
Wo ziehen Sie die Grenze zwischen sinnvoller Verkehrssteuerung und unnötiger Schikane?
Situative, dynamische Massnahmen sind völlig in Ordnung, etwa bei Unfällen oder extremem Verkehrsaufkommen. Dafür haben wir heute moderne Verkehrsbeeinflussungsanlagen. Was mich stört, ist die flächendeckende und quasi dauerhafte Einführung von Tempo 80, die jetzt sozusagen durch die Hintertür eingeführt werden soll. Für mich ist klar: Wenn kein Stossverkehr herrscht, sollten Autobahnen offen sein und mit 120 km/h befahren werden können.
Das ASTRA sagt, die Steuerung erfolge KI-gestützt und sehr präzise. Deckt sich das mit Ihrer Erfahrung?
Nicht wirklich. In der Praxis sehe ich oft, dass Massnahmen zu spät greifen oder unnötig lange bestehen bleiben. Manchmal muss man manuell eingreifen. Beim Pannenstreifen bei Bern-Muri habe ich zum Beispiel regelmässig interveniert, weil er morgens nicht geöffnet wurde – obwohl der Verkehr es klar verlangt hätte. Erst nach Anpassungen funktioniert es nun besser. Man darf sich nicht nur auf Systeme und Zahlen verlassen, sondern muss auch pragmatisch handeln. Es darf nicht zuerst Stau geben, bevor man handelt. Diese sture Denkweise kann ich nicht nachvollziehen.
Zusammengefasst: Was ist aus Ihrer Sicht der richtige Ansatz?
Ich bin klar für intelligente, dynamische Lösungen. Wenn es die Situation erfordert, soll man Tempo reduzieren. Aber nicht pauschal und nicht flächendeckend. Autobahnen sind das Rückgrat unserer Mobilität. Ziel muss ein möglichst stabiler Verkehrsfluss sein – nicht zusätzliche Verunsicherung durch starre Regeln.

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