Werbung
So wird das Elektroauto zum Stromspeicher
Die Schweiz sorgt sich über einen möglichen Strommangel. Doch es gibt Hoffnung von unerwarteter Seite: der E-Mobilität. So zeigt eine neue TCS-Studie, dass E-Autos das Stromnetz entlasten können. Bidirektionales Laden heisst das Lösungswort. Wie es funktioniert – STREETLIFE zeigt es auf.
Die Herdplatte anschalten zum Kochen, das Licht im Wohnzimmer dimmen oder die Kleidung in der Maschine waschen – alltägliche Verrichtungen, über die wir uns zuhause keine Gedanken machen. Bis sie dann eben nicht mehr so automatisch funktionieren, weil der Strom nicht mehr fliesst. Ein Szenario, wie es vergangenen Winter bereits befürchtet wurde und das uns auch in wenigen Monaten wieder drohen könnte.
Im Zusammenhang mit einer möglichen Strommangellage gerät die E-Mobilität regelmässig in Verruf. Eine kürzlich veröffentlichte TCS-Studie zeigt nun jedoch, dass E-Autos das Problem nicht zusätzlich verstärken, sondern Teil der Lösung in der Energiekrise sein können. Mithilfe des sogenannten bidirektionalen Ladens wird der Stromer in der Garage zum mobilen Stromspeicher, den man für den eigenen Energiebedarf anzapfen kann.
Was genau ist bidirektionales Laden?
Bidirektional bedeutet so viel wie «in zwei Richtungen». Lässt sich also ein E-Auto bidirektional laden, kann dessen Batterie nicht nur Strom aufnehmen, sondern diesen auch wieder abgeben. Schwankt die Energieversorgung oder wird der Strom gar reguliert, kann dies durch diesen Vorgang ausgeglichen oder überbrückt werden.
Wie funktioniert bidirektionales Laden?
Am besten lässt sich das am Beispiel einer Powerbank vergleichen, die wir zum Beispiel auf eine lange Wanderung mitnehmen. Zuhause lädt man die Powerbank auf und unterwegs, wo man keinen Zugang zu einer Steckdose hat, hängt man das Smartphone an den handlichen Stromspeicher. Ähnlich funktioniert das auch mit einer E-Auto-Batterie. Aber eben nicht ganz gleich. Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen dem Strom, der zuhause aus der Steckdose fliesst, und jenem, der das E-Auto antreibt.
So fährt das Elektrofahrzeug mit Gleichstrom (DC = Direct Current). Für den Fernseher im Wohnzimmer wird jedoch Wechselstrom (AC = Alternating Current) benötigt. Deshalb braucht es fürs Laden des Autos zuhause einen sogenannten Gleichrichter. Dieser wandelt für den Betrieb des Fahrzeugs den Wechsel- in Gleichstrom um. Dieser Gleichrichter befindet sich entweder im Bordladegerät des E-Autos oder in der DC-Wallbox. Möchte man nun aber den Strom vom E-Auto wieder ins heimische Netz einspeisen, braucht es wiederum einen technischen Extraschritt. Denn aus dem Gleichstrom des Autos muss wieder Wechselstrom gemacht werden. Ein Wechselrichter macht es möglich. Diesen gibt es bei einem V2X-Auto inklusive.
Welche Varianten von bidirektionalem Laden gibt es?
Die Bezeichnung «V2X» fasst die drei Varianten des bidirektionalen Ladens zusammen.
- Vehicle-to-Load (V2L) oder Vehicle-to-Device (V2D): Diese bidirektionale Ladevariante ist zugleich auch die einfachste. Durch diese Technologie lässt sich jedes elektrische Gerät direkt im Autoinnern über den eingebauten 230-Volt-Stecker aufladen. Mit einem Adapter funktioniert das auch über die normale E-Ladesteckdose aussen am ausgeschalteten Fahrzeug. Dies ist etwa beim Hyundai Ioniq 5 oder dem Kia Niro möglich.
- Vehicle-to-Home (V2H): Bei dieser Lademöglichkeit versorgt das E-Auto, das an die Wallbox angeschlossen ist, das Stromnetz des Hauses mit Energie. Ein Auto, das dies bereits heute ermöglicht, ist der Nissan Leaf.
- Vehicle-to-Grid (V2G): Hierbei fliesst der Strom aus dem E-Auto nicht nur ins Stromnetz des Eigenheims, sondern ins gesamte lokale Netz zurück. Entsprechend handelt es sich bei V2G auch um die anspruchsvollste Option. Mehrer Tausend E-Fahrzeuge könnten mithilfe dieses Systems zusammengeschaltet sozusagen ein Kraftwerk bilden und die Energieversorgung stabilisieren.
Wie weit ist bidirektionales Laden in der Schweiz?
In der Schweiz gibt es erste Hersteller, die sich ans bidirektionale Laden herantasten und dafür geeignete Ladestationen produzieren. Aber es braucht nicht nur die Ladestationen, sondern auch die E-Fahrzeuge, die dieses Ladesystem zulassen. Neben den oben erwähnten Beispielen gibt es diese Fahrzeuge mit dem Fiat 500 e, dem Mitsubishi i-MiEV, dem Renault Megane E-Tech, dem Skoda Enyaq, sämtlichen VW-ID-Modellen sowie dem Polestar 3 heute schon auf dem Schweizer Automarkt. Gemäss Mitteilung von TCS wird diese Technologie in Zukunft beim grössten Teil der Elektrofahrzeuge Standard sein.
Wer die Vorteile des bidirektionalen Ladens für sich nutzen möchte, muss die dafür benötigte Ladestation seit Januar 2022 bei seinem Verteilnetzbetreiber anmelden. Das technische Anschlussgesuch (TAG) lässt sich direkt beim lokalen Stromversorger besorgen oder online beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen herunterladen.
Werbung