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Rückwirkende CO₂-Strafen

Das steht im Gutachten des HSG-Professors

Das Gutachten von Prof. Dr. Peter Hettich deckt schwerwiegende juristische Mängel in der geplanten Umsetzung der CO₂-Verordnung auf. Rückwirkende Sanktionen seien nicht nur rechtswidrig, sie könnten auch die Schweizer Automobilwirtschaft unverhältnismässig stark belasten, besagt die STREETLIFE vorliegende Studie.

Die Einführung rückwirkender Strafzahlungen im Rahmen der revidierten CO₂-Verordnung des Bundes sorgt für erhebliche Kontroversen. Ein umfassendes Rechtsgutachten von HSG-Professor Peter Hettich im Auftrag von auto-schweiz analysiert die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Massnahmen. Die Expertise, die STREETLIFE vorliegt, kommt zu einem klaren Urteil: Die Rückwirkung verstösst gegen grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien.

Rechtswidrige Rückwirkung

Im Kern der Kritik steht die geplante Einführung rückwirkender Strafzahlungen, die ab dem 1. Januar 2025 gelten sollen. Das Gutachten weist darauf hin, dass solche Massnahmen gegen das Verbot der echten Rückwirkung verstossen, ein Grundprinzip des Schweizer Rechtsstaats. Rückwirkung bedeutet, dass ein neues Gesetz auf bereits abgeschlossene Sachverhalte angewandt wird – in diesem Fall auf Fahrzeuge, die vor dem Inkrafttreten der neuen Verordnung importiert wurden. Dies sei laut des Berichts nur unter strengen Voraussetzungen möglich, die hier nicht erfüllt seien.

Hinzu kommt, dass das CO₂-Gesetz in seiner aktuellen Form keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Rückwirkung bietet. Solche Regelungen könnten nur bei Zustandekommen eines Referendums eingeführt werden, was jedoch nicht der Fall war. «Eine rückwirkende Sanktionierung ohne gesetzliche Basis verletzt das Vertrauen in den Rechtsstaat», so Hettichs Befund.

Neben den rechtlichen Aspekten wird im Bericht auch die Effektivität der geplanten Massnahmen infrage gestellt. Rückwirkende Strafzahlungen könnten die CO₂-Emissionen nicht mehr beeinflussen, da die Importe bereits stattgefunden haben. Das Fehlen einer Lenkungswirkung entzieht der Massnahme jegliche Rechtfertigung, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip.

Gefährlicher «Swiss Finish»

Eine weitere kritische Komponente ist der sogenannte «Swiss Finish» – strengere nationale Regelungen, die über die EU-Vorgaben hinausgehen. Laut Hettich widerspricht dies dem Willen des Gesetzgebers (s. auch Interview nebenan), der explizit eine Orientierung an EU-Normen festgelegt hat, um Wettbewerbsnachteile für Schweizer Unternehmen zu vermeiden. Besonders problematisch sind die geplanten hohen Strafen für Lieferwagen, die in der EU-Regulierung nicht vorgesehen sind. Dies könne die Schweizer Automobilwirtschaft unverhältnismässig belasten.

Flexibilität des Bundesrats

Das Gutachten betont, dass der Bundesrat bei der Umsetzung der CO₂-Verordnung über Spielräume verfügt. Er könnte moderate Anpassungen vornehmen, um sowohl die Klimaziele zu erreichen als auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Branche zu sichern. Beispiele dafür wären flexiblere Zielvorgaben oder die Anrechenbarkeit von erneuerbaren synthetischen Treibstoffen. Entscheidend sei dabei, die Balance zwischen Umweltzielen und wirtschaftlichen Interessen zu wahren.

Die wirtschaftlichen Risiken der geplanten Verordnung seien erheblich, warnt der Bericht. Das Gutachten fordert daher ein Umdenken bei der Politik und eine engere Abstimmung mit der Branche.

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