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Raserfahrt mit Miet-Ferrari – überführte ihn ein Handy-Video?
Was als Spass begann, hat für einen Maurer aus dem Kanton Zürich nun Konsequenzen. Der Fan schneller Autos mietete sich Ende 2023 einen Ferrari 458. Auf seinen Fahrten war er inner- und ausserorts konstant zu schnell unterwegs – in einem Fall sogar mit 118 km/h zu viel.
Mal richtig auf die Tube drücken. Den Motor aufheulen und die Tachonadel ausschlagen lassen. Ein 20-jähriger Maurer aus dem Kanton Zürich wollte sich diesen Traum im Oktober 2023 erfüllen. Er mietete sich kurzerhand einen Ferrari 458 und brauste los. Doch dann gingen ihm im doppelten Wortsinn die Pferde durch. Und zwar so sehr, dass ihm jetzt empfindliche strafrechtliche Konsequenzen drohen. Am Dienstag musste sich der Jugendliche vor dem Bezirksgericht in Pfäffikon ZH verantworten. Die zuständige Staatsanwaltschaft warf ihm mehrfache qualifizierte grobe Verletzung der Verkehrsregeln vor. Und sie forderte ein hohes Strafmass: Dem Jugendlichen sollte eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten aufgebrummt werden, so stand es in der Anklageschrift, die STREETLIFE vorliegt.
Eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren ist hoch. Der Blick in die Anklageschrift zeigt allerdings: Der Antrag der Staatsanwaltschaft kommt nicht von ungefähr. Am 6. Oktober 2023 steigt der 20-Jährige kurz vor 16 Uhr in den gemieteten Ferrari. Er fährt durchs Zürcher Oberland von Illnau über Weisslingen, nach Effretikon und Gossau und schliesslich wieder zurück nach Dübendorf. Er passiert Dörfer und ist auf Überlandstrassen unterwegs – und immer viel zu schnell. Gemäss Staatsanwaltschaft fuhr der Beschuldigte das Fahrzeug mit der «über die ganze Fahrt getroffenen Absicht, es an allen möglichen Stellen zu beschleunigen.»
Wie sehr er das Gaspedal dabei runterdrückte, zeigen die in der Anklageschrift enthaltenen Tabellen. Darauf sind die Geschwindigkeitsüberschreitungen quasi im Minutentakt dokumentiert. Auf einer Auflistung sind nur die Momente registriert, in denen der Jugendliche im qualifizierten Bereich unterwegs war. Also innerorts mit mehr als 100 und ausserorts mit über 140 Stundenkilometern. Allein diese Liste enthält sieben Vorfälle.
Doch das ist noch längst nicht alles. Auch zwischen den in der Tabelle aufgeführten Zeiten fährt der Beschuldigte viel zu schnell. Er begeht zwar nur noch eine mehrfache grobe Verkehrsregelverletzung, ist aber auf den Überlandstrassen immer noch mit 120 Stundenkilometern statt der erlaubten 80 unterwegs. Insgesamt sind somit – alleine auf dieser Fahrt – 26 Geschwindigkeitsüberschreitungen registriert. Für die Staatsanwaltschaft ist klar: Der Beschuldigte hat damit «das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern auf sich genommen, namentlich durch besonders krasse Missachtung der Höchstgeschwindigkeit.»
Auf den Geschmack gekommen
Das Ausmass seiner Raserfahrt war dem Jugendlichen aber offensichtlich nicht ganz bewusst. Nur vier Monate später juckte es ihn erneut in den Fingern. Im Januar 2024 mietete er sich einen Audi RS3. Wieder rast er damit durchs Zürcher Oberland und überschreitet sogar noch die Höchstgeschwindigkeit seiner ersten Raserfahrt. Auf der Rumlikerstrasse in Fahrtrichtung Fehraltorf fährt er statt der erlaubten 80 fast 200 Stundenkilometer.
Wie die Untersuchungsbehörden die Fahrten so genau dokumentieren konnten, darüber sind in der Anklageschrift keine detaillierten Daten zu finden. Sicher ist: Das Handy des Beschuldigten wurde sichergestellt und untersucht. Und der Jugendliche sass rund zwei Wochen nach der letzten Raserfahrt für einige Stunden in Haft. Konnte er anhand eines im Netz veröffentlichen Videos überführt werden und wurden die Daten der Mietfahrzeuge anschliessend ausgewertet?
Tödlicher Verkehrsunfall im Freundeskreis
Am Prozess am Dienstag zeigte sich schliesslich: Der 20-Jährige hatte tatsächlich während der Fahrt den Tacho gefilmt. Stolz habe er darauf den Clip seinen Freunden geschickt. «Ich habe mir nichts dabei gedacht», gab er vor Gericht zu. «Die Freude, dass ich die Fahrprüfung bestanden habe und noch in einem Sportwagen unterwegs war, hat mich überwältigt. Ich hatte einen Tunnelblick. Das war total unüberlegt und richtig dumm.» Dabei habe er in seinem Freundeskreis richtige Schicksalsschläge erlebt. Ein Freund des Beschuldigten ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, ein anderer ist seither querschnittgelähmt.
Dem Jugendlichen konnte die Raserfahrt quasi im Minutentakt nachwiesen werden, weil die Untersuchungsbehören die Daten der Mietautos auswerten konnten. Zum Schutz der Fahrzeuge seien diese oft entsprechend technisch aufgerüstet, wie es vor Gericht hiess. Der Prozess fand im abgekürzten Verfahren statt, was bedeutet, dass der Beschuldigte den Sachverhalt schon vor der Verhandlung eingestand. Die Staatsanwaltschaft hatte den Beschuldigten der mehrfachen qualifizierten groben Verletzung sowie der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln angeklagt. Sie forderte eine Freiheitstrafe von 30 Monaten, wovon sechs Monate unbedingt ausgesprochen werden sollten.
Das Gericht folgte dem Antrag der Anklagebehörde in allen Punkten und schickt den 20-Jährigen damit für ein halbes Jahr ins Gefängnis. Nach der Urteilsverkündung sprach die Richterin dem Raser noch ins Gewissen: «Wir hoffen, dass sie ihre Lehre daraus ziehen. Sie hatten Glück, dass niemand zu Schaden gekommen ist.»

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