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Verkehr •
Neue Geräte für Sicherheit oder Abzocke?

Variable Anlagen mit Blitzern sorgen für Ärger – weitere schweizweit geplant

Auf der A14 in Luzern sind seit kurzem Blitzer im Einsatz, die sich wechselnden Tempolimits anpassen. Das macht viele Autofahrende wütend. Doch eine Nachfrage beim Bundesamt für Strassen ASTRA zeigt – sogenannte GHGW-Anlagen kommen immer mehr.

High-Tech bei der Tempokontrolle: Auf der A14 bei Luzern zwischen den Verzweigungen Rotsee und Rütihof wurde vor wenigen Tagen eine neue Anlage installiert, die das Tempo je nach Verkehrsaufkommen automatisch auf 80, 100 oder 120 Kilometer pro Stunde regelt. Zum System gehören vier neue Radaranlagen, welche die variablen Geschwindigkeiten adaptiv kontrollieren. Das ist neu – und das kommt nicht überall nur gut an. 

Auf dem entsprechenden Facebook-Eintrag der Luzerner Polizei fallen die Reaktionen denn auch geteilt aus. Neben Likes dominieren wütende Smileys, und in den bislang rund 70 Kommentaren unter dem Post hagelt es Kritik. Tenor: Das neue System diene nicht – wie von der Polizei kommuniziert – der Sicherheit, sondern primär der Geldmacherei. «Was für eine Abzocke», schreibt einer. Ein anderer: «Die Polizei würde sich besser um illegale kriminelle Ausländer kümmern, statt weiter die Autofahrer schröpfen zu wollen.» 

Luzern – die Blitzer-Hochburg der Schweiz? 

Der Frust ist verständlich, zumal der Raum Luzern ohnehin als besonders blitzerfreudig gilt. Im kantonalen Vergleich belegt Luzern mit 28 stationären Anlagen schweizweit den vierten Rang. Und rechnet man die Anzahl der Blitzer auf die Bevölkerung hoch, liegt Luzern auch da an der Spitze. «Wenn man von Luzern Stadt / Autobahn Einfahrt nach Rotkreuz muss, hat man dort 6 bis 7 Blitzer. Ich sehe da etwas anderes als Verkehrssicherheit, und die Strecke ist nicht mal 20 Kilometer lang», schreibt denn auch ein User unter den FB-Post. 

Kann man bei der Polizei diesen Vorwurf nachvollziehen? «Die Luzerner Polizei hat den gesetzlichen Auftrag, das eidgenössische und kantonale Recht durchzusetzen. Die Luzerner Polizei schafft Sicherheit, indem man im Kanton rund um die Uhr und flächendeckend mit Geschwindigkeitskontrollen rechnen muss», sagt Mediensprecher Urs Wigger auf Anfrage von STREETLIFE.

Die Verkehrspolizei sei 2024 während 3382 Stunden mit bemannten Geschwindigkeitskontrollen unterwegs gewesen und habe dabei über 1,3 Millionen Fahrzeuge gemessen. Wigger: «Die Übertretungsquote beträgt dabei 3,7 Prozent. Die vom Luzerner Kantonsrat vorgegebene Höhe der Einnahmen bei den Ordnungsbussen wird jeweils plus/minus erreicht». 

Mehr Sicherheit – weniger Stau? 

Auch beim Bundesamt für Strassen ASTRA betont man den Sicherheitsaspekt. Mit den neuen Anlagen zur Geschwindigkeitsharmonisierung und Gefahrenwarnung (GHGW) regle das ASTRA «die zulässige Höchstgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Verkehrsaufkommen – mit dem Ziel, der Staubildung entgegenzuwirken und den Verkehr flüssiger und sicherer zu gestalten», schreibt ASTRA-Mediensprecherin Martina Wirth auf Anfrage. Die A14 bei Luzern ist denn auch keine Premiere für die neuen Anlagen.  

Tatsächlich sei die Erfahrung mit bisherigen GHGW-Anlagen positiv, so das ASTRA: «Die GHGW-Auswertungen beispielsweise auf der A6 Wankdorf-Thun zeigen, dass die Anzahl Ereignisse mit Stau und stockendem Verkehr reduziert werden konnten, und auch die Unfallzahlen gesunken sind».

Damit GHGW-Anlagen ihre Wirksamkeit vollständig entfalten können, müssen die angezeigten Geschwindigkeiten aber eingehalten werden. Denn: «Wenn alle Verkehrsteilnehmenden gleichmässig mit der gleichen Geschwindigkeit fahren, kommt es zu weniger Handorgeleffekten. Dadurch sinkt auch die Unfallgefahr». 

Viele weitere adaptive Anlagen in Planung 

Fest steht deshalb auch: Auf adaptive Anlagen müssen sich Schweizer Verkehrsteilnehmende zunehmend einstellen. Bereits heute sind neben Bern und Luzern auch Anlagen in der welschen Schweiz (N1 Villars-Ste-Croix ◄► Cossonay), im Raum Basel (A2 Basel/Weil am Rhein (Grenze) ◄► Augst, N3 Basel/St. Louis (Grenze) ◄► Wiese und A3 Augst ◄► Rheinfelden-Ost) sowie im Raum Zürich (A1 Winterthur-Ohringen ◄► Oberwinterthur, A3 Zürich-Wollishofen ◄► Pfäffikon und A11 Kloten-Süd ◄► Zürich-Nord) in Betrieb. Ein adaptiver Blitzer ist seit Ende März 2025 auf der A2 Beckenried-Hergiswil im Testbetrieb. 

Doch das ist erst der Anfang. Auf Anfrage von STREETLIFE verweist das ASTRA auf eine Übersicht mit allen geplanten GHGW-Projekten. Dabei zeigt sich: Landesweit sind in den nächsten Jahren über 30 neue Anlagen geplant. Vor allem in den Grossäumen Zürich und Winterthur, Genf und Lausanne sowie im Tessin sollen in absehbarer Zeit viele adaptive Anlagen installiert werden. Ob mit Blitzern oder nicht, muss sich noch weisen. Letztlich verteilen sich die neuen Projekte über das gesamte Schweizer Strassennetz – mit Fokus auf neuralgische und stauintensive Verkehrsknotenpunkte.  

Autofahrerinnen und Autofahrer müssen sich künftig also noch stärker darauf achten, dass sie das richtige Tempo einhalten. Zumindest auf der A14 bei Luzern sei das aber kein Problem, sagt Polizei-Mediensprecher Wigger. Denn: «Das Radargerät wird erst dann aktiviert, wenn das letzte Geschwindigkeitssignal vor dem Messstandort und das Signal am Standort selbst die gleiche Geschwindigkeit anzeigen. Zwischen den beiden Signalen liegt eine Strecke von rund einem Kilometer. Somit sehen die Autofahrenden die massgebliche Höchstgeschwindigkeit zwei Mal, bevor eine allfällige Übertretung geahndet würde». 

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