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Porsche 911 Carrera T gegen Toyota GR Yaris

Majestätsbeleidigung oder Begegnung zweier Puristen

Dieser Vergleich sollte verboten sein. Zwischen der Sportwagenikone Porsche 911 Carrera T und dem japanischen Allrad-Krawallzwerg Toyota GR Yaris liegen (gefühlt) Klassen, wenn nicht gar Welten. Oder eben doch nicht? Beide basieren auf einer sportlichen DNA, beide verfügen über präzise Handschaltungen und beide stehen mit einem fast identischen Radstand und denselben Spurbreiten auf der Strasse.

Kaum ein Auto ist bekannter als die deutsche Sportwagenikone Porsche 911. Kein Auto hat über 60 Jahre hinweg so konsequent seine merkfähige Optik weiterentwickelt. Sogar Kinder erkennen einen Porsche 911 schon von weitem. Und kein Sportwagen bietet so eine perfekte Symbiose zwischen Alltagstauglichkeit und ernstgemeinter Rennambition. Zudem verfügt Porsche vom Basis-Carrera über den Safari-tauglichen Dakar bis zur Cup-Maschine GT3 RS für jeden 911-Fan über das passende Fahrzeug.

Den japanischen Allrad-Krawallzwerg Toyota GR Yaris kennt hingegen kaum jemand. Die Fangemeinde des ultrakurzen Traktionsmonsters ist überschaubar. Aber in Japan sowie bei den weltweiten Rallysport-Fans geniesst der GR Yaris Kultstatus. Wenn der finnische, 22-jährige Weltmeister Kalle Rovanperä in seinem GR-Yaris mit absoluter Coolness und brutalem Tempo über die Schotterpisten rast, flippen die Zuschauer aus. Der Toyota GR Yaris wurde von Toyotas erfolgreicher Motorsportabteilung Gazoo Racing für die WRC-Rally entwickelt. Der japanische Hot Hatch gilt unter Kennern als Enkel des legendären Lancia Delta Integrale.

Absurder Vergleich

Fast absurd erscheint die Gegenüberstellung der beiden unterschiedlichen Leistungssportler, wenn man ihre Anschaffungspreise und Motoren vergleicht. Der Porsche 911 Carrera T (Grundpreis CHF 150'000) kostet in der getesteten Version 179'300 Franken. Der Toyota GR Yaris (Grundpreis CHF 40'900) kostet mit dem im Testwagen integrierten Circuit-Pack 45'800 Franken. Beim fast vierfachen Preis des Porsches muss fairerweise erwähnt sein, dass der GR Yaris als WRC-Rally-Homologationsmodell entwickelt wurde und sein Grundpreis eher als Unkostenbeitrag an Toyota zu verstehen ist. Auch beim Motorenvergleich herrscht krasse Asymmetrie. Porsche 911 Carrera T: 6 Zylinder, Dreiliter-Biturbo-Boxermotor mit 385 PS (283 kW). Toyota GR Yaris: 3 Zylinder, 1,6 Liter-Turbomotor mit 261 PS (192 kW).

K.O. in erster Runde?

Eigentlich müsste die deutsche Kraftmaschine den japanischen Kompaktsamurai gleich in der ersten Runde K.O. schlagen. Aber der Japaner steigt mit zwei wichtigen Waffen in den Ring: Mit seinem Leichtgewicht (nur 1280 kg) und seinem genialen Allradantrieb. Also auf in den Vergleichskampf. Auf der Vergleichsstrecke müssen die beiden Sportler gegeneinander antreten. Zum Streckenprofil gehören breite, temporeiche Strassenabschnitte sowie enge, ruppige Kurvenpassagen. Bei genügend Platz und grösseren Kurvenradien kann der Porsche 911 Carrera T sein imposantes Leistungsfenster voll ausspielen. Sein maximales Drehmoment von 450 Newtonmeter entfaltet sich flächendeckend von 1950 bis 5000 Umdrehungen pro Minute. Da verliert der tapfer kämpfende Toyota GR Yaris mit seinen 360 Newtonmeter zwischen 3000 bis 4600 (U/min) Meter um Meter.

Atemberaubende Traktion

Das Jagdrevier des 3.99 Meter kurzen Toyota GR Yaris sind enge, ruppige Strassen, auf denen sein variabler GR-Four-Allradantrieb sowie seine beiden Torsen-Sperrdifferentiale für atemberaubende Traktion sorgen. Vor allem im Track-Modus, welcher den Antrieb je 50% auf die Vorder- und Hinterachse verteilt, krallt sich die kleine, japanische Rallymaschine in überzeugender Manier auch in Haarnadelkurven fest. Und falls es trotzdem zu eng wird, kann mit einer klassischen Handbremse die elektronische Steuerung des hinteren Antriebs entkoppelt werden, um den Toyota GR Yaris in die gewünschte Richtung zu werfen. Mit krawallartiger Fahrweise kann der Rückstand zum Porsche 911 Carrera T zwar nicht aufgeholt, aber doch deutlich verkleinert werden.

Zwei fast perfekte Autos

Die Fahrwerke beider Testkandidaten verdienen das Prädikat «nahe an der Perfektion». Der Porsche 911 Carrera T liegt sehr tief. Seine Federwege sind kurz. Seine Querstabilisatoren wirken extrem torsionssteif. Der Toyota GR Yaris hingegen liegt Rally-bedingt höher und seine längeren Federwege stecken auch die ruppigsten Unebenheiten locker weg. Im Aussensound gewinnt der Porsche mit seinem röhrigen Boxer-Soundtrack klar, denn die japanischen Ingenieure verpassten dem kleinen Toyota eine zeitgemäss diskrete Akustik. Beim Porsche dominiert gewohnt hochwertig verarbeitetes Leder und Sport-Tex. Der Toyota präsentiert präzise verarbeiteten 0815-Kunsstoff.

Fazit

Während der Porsche 911 Carrera T eine gehobene Einkommensklasse signalisiert und damit viel Status bietet, wirkt der Toyota GR Yaris auf den ersten Blick wie ein Alltagsfahrzeug einer Spitex-Einsatzkraft. Beide getesteten Fahrzeuge gehören zu den letzten Vertretern spassorientierter Verbrenner-Sportmaschinen. Beide bieten maximalen puristischen Fahrspass dank hochpräziser Gangschaltung. Beide verfügen über eine beeindruckende Leistungseffizienz sowie motorsporterfahrene Fahrwerksabstimmungen. Der Porsche 911 T Carrera überzeugt mit seinem grösseren Leistungsfenster und wirkt mit seinen Assistenzsystemen sehr durchkultiviert und fast ein wenig bevormundend. Prädikat: Sportlicher Gentleman aus Deutschland mit Rundkurs-DNA. Der Vorzug des Toyota GR Yaris liegt in seiner frechen und unkultivierten Art. Mit seinem Allradantrieb und seinem Leichtgewicht bietet er der deutschen Sportwagen-Ikone in engen, ruppigen Kurvenpassagen durchaus Paroli. Prädikat: Allrad-Krawallzwerg aus Japan mit Rally-DNA. Beide Testkandidaten gehören für den Autor zu den absolut besten Autos, die aktuell produziert werden.

Facts

Porsche 911 Carrera T

  • 6 Zylinder, Dreiliter-Biturbo-Boxermotor mit 385 PS (283 kW)
  • 450 Newtonmeter
  • 0-100 km/h in 4,5 s
  • Siebengang-Schaltgetriebe
  • Sperrdifferenzial an der Hinterachse (Porsche Torque Vectoring)
  • Sportfahrwerk PASM mit 10 Millimeter Tieferlegung
  • CHF 150'000 (Testwagen CHF 179'300 Franken)

Toyota GR Yaris

  • 3 Zylinder, 1,6-Liter-Turbomotor mit 261 PS (192 kW)
  • 360 Newtonmeter
  • 0-100 km/h in 5,5 s
  • Sechsgang-Schaltgetriebe
  • Torsen-Sperrdifferenziale an Vorder- & Hinterachse
  • Allradantrieb GR-Four
  • Preis CHF 40'900 (Testwagen mit Circuit-Pack CHF 45'800)

Der Testverbrauch auf der Vergleichsstrecke bei sehr sportiver Fahrweise liegt beim Porsche 911 Carrera T bei 15,49 l/100km, beim Toyota GR Yaris bei 12,73 l/100km.

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