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Politik & Wirtschaft •
Kolumnist Pentti Aellig schreibt einen offenen Brief

«Lieber Balthasar Glättli»

Die grüne Welle ist ausgetrocknet. Am vergangenen Wahlsonntag mussten die Grünen eine deutliche Niederlage einstecken. Pentti Aellig wendet sich in seiner Kolumne an den Parteipräsidenten Glättli.

Lieber Balthasar Glättli

Am Wahlsonntag haben Ihre Grünen sowie die Grünliberalen zusammen 11 Sitze verloren – eigentlich ein veritabler Totaleinbruch. Aus Ihren Wortmeldungen in den Medien heraus konnte man am Sonntag eine Mischung aus Ärger, Panik und Konsternation spüren. Besonders geärgert haben Sie sich vermutlich über die erneute Steigerung der Schweizerischen Volkspartei zur beeindruckenden Parlamentsstärke. Im Nationalrat hat die SVP 9 Sitze hinzugewonnen und verfügt nun über doppelt so viele Sitze als die Grünen und die Grünliberalen zusammen.

Lieber Herr Glättli, viele Ihrer Parteifreunde leben sehr komfortabel. Dabei haben manche Ihrer Freunde vielleicht vergessen, dass viele Schweizerinnen und Schweizer leider nicht fürstliche, leistungsunabhängige Saläre von Verwaltungen, Sozialinstitutionen, NGOs oder Kultureinrichtungen beziehen. Viele Schweizer Bürger müssen ihren hart verdienten Franken mehrmals umdrehen, bevor sie ihn ausgeben. Und viele dieser Bürger leben nicht in staatlich finanzierten, modernen Genossenschaftssiedlungen, sondern wohnen auf dem Lande und sind deshalb oft auf das Auto angewiesen.

Motorisierte Pendler gehen vergessen

4,7 Millionen Personenwagen sind auf den Schweizer Strassen unterwegs. Manche Schweizer Automobilisten sind am Morgen bereits seit vielen Stunden in ihren Fahrzeugen unterwegs, wenn in den urbanen Kulturkaffees die Baristas ihre Hafermilchkreationen in die Cappuccinos zaubern. Im Umfeld von solchen Kulturtreffpunkten werden als Verkehrsmittel nur Lastenfahrräder akzeptiert. Die Millionen von einfachen Schweizern, welche auf ihre Autos angewiesen sind, werden in solchen urbanen Kreisen eher angefeindet. Und auch den 224'000 Schweizerinnen und Schweizern, welche dank der Automobilbranche ihre Familien ernähren können, geniessen bei Ihren Grünen keine Sympathien.

Lieber Herr Glättli, viele diese Schweizer Automobilisten haben nun am Wahlsonntag dafür gesorgt, dass Ihre Grünen im Nationalrat wieder unter die 10-Prozenthürde gedrückt wurden. Seien Sie ehrlich, eine Partei im einstelligen Prozentbereich gibt in Bundesbern nicht mehr die grossen Stossrichtungen vor. Mit der Anzahl von grünen Sitzen im Parlament soll auch die autofeindliche Politik zurückgedrängt werden. Die immer höheren Abgaben für abstrakte, unrealistische Klimaziele sollen endlich gestoppt werden. Die Schweizerische Volkspartei, welche ja schon ein grünes Logo verwendete und grüne Themen bewirtschaftete, bevor Sie geboren waren, soll die Umweltpolitik wieder stärker mitbestimmen.

Herr Glättli, beim Betrachten Ihres Smartspider-Profil fällt auf, wie extrem links und kleinflächig Ihr Netz über die Themenbereiche gespannt ist. Die gesamte rechte Hälfte sowie einige Teile des linken Bereichs sind völlig offen. Vermutlich würde eine Spinne, welche ein solch kleinflächiges Netz aufspannt, ziemlich unter Hunger leiden. Wenn Sie in einigen Themenbereichen den vielen Autofahrern vielleicht ein wenig mehr Verständnis entgegenbringen könnten, würde das den Klimazielen sogar helfen.

Resignation nicht auf andere projizieren

Am Wahlsonntag wirkten Sie ein wenig traurig. Sie interpretierten in einem Interview, dass immer mehr Menschen denken, die Klimakrise sei ohnehin nicht mehr zu bewältigen. Ihre persönliche, situative Resignation projizierten Sie auf die Menschen draussen in ihren fossil beheizten Häusern und Diesel-angetriebenen Autos. Und bestimmt wirkten Sie auch traurig, weil einige Ihrer Klimamitstreiter abgewählt wurden. Abgewählt wurde beispielsweise die 31-jährige Nationalrätin Meret Schneider von den Grünen ZH, welche auf dem Kurznachrichtenddienst X dem Mass-voll Präsidenten mit dem Sackmesser drohte. Abgewählt wurde auch die grüne Berner Nationalrätin Natalie Imboden, welche den Strassenbau und den Landfrass stoppen, die Nachtzüge fördern und die Fliegerei einschränken will. Auch die grüne Nationalrätin und Klimatologin Valentine Python aus der Waadt muss sich ab Ende November einen neuen Job im Klimabusiness suchen.

Ich wünsche Ihnen trotzdem eine schöne Woche und grüsse Sie hochachtungsvoll.


Kolumnist und Autor Pentti Aellig ergänzt als erfahrener Autokenner und Publizist das STREETLIFE-Redaktionsteam. Als SVP-Kantonsrat und Gemeindepräsident politisiert er im Kanton Schaffhausen aktiv mit. Wir weisen darauf hin, dass die Ansichten unserer Kolumnisten nicht mit jenen der STREETLIFE-Redaktion übereinstimmen müssen.

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