Werbung
Kanton Aargau erteilt Freipass für Blitzer
Unter anderem wegen seiner liberalen Blitzerpraxis ist der Kanton Aargau der Autokanton schlechthin. Aber nicht mehr lange. Hat der Grosse Rat noch vor wenigen Jahren fixe Überwachungsanlagen verboten, sollen diese in Zukunft auf Gemeinde- und Kantonsstrassen sogar ohne Bewilligung installiert werden können.
In der gestrigen Sitzung des Grossen Rats kam es zu einer grossen Überraschung: Der neue Paragraph 36c des Polizeigesetzes wurde gestrichen. Dieser hatte vorgesehen, dass stationäre Radargeräte in den Gemeinden und Städten des Kantons einer Bewilligungspflicht durch den Regierungsrat unterliegen sollen. Mit 75 zu 59 Stimmen haben dies die Grossratsmitglieder nun verhindert. Zu gross wäre der adiministrative Aufwand und zudem vertraue man den Gemeinden, selbst entscheiden zu können, wo und wann es fixe Geschwindigkeitskontrollen brauche. Mit diesem Entscheid können Gemeinden in Zukunft im Alleingang stationäre Blitzer installieren.
Am Anfang war eine Motion
Bis jetzt gibt es nur ein einziges stationäres Radargerät im Kanton. Und das steht in Baden. Als erster Standort hat die drittgrösste Stadt des Kantons an der stark befahrenen Gstühl-Kreuzung eine feste Blitzeranlage installiert. Geht gar nicht, hat sich ein Bündnis aus SVP und FDP im Grossen Rat gedacht und kurzerhand eine Motion eingereicht.
Der Vorstoss der Grossratsmitglieder Martin Keller (SVP), Rolf Jäggi (SVP) und Josef Bütler (FDP) hat vorgesehen, fest installierte Blitzer auf Kantonsstrassen zu verbieten. Am 5. November 2019 wurde das Anliegen der Motionäre mit einer Ausnahmeklausel, die den Regierungsrat befähigt, im Einzelfall aus Gründen der Verkehrssicherheit das Verbot aufzuheben, mit 85 zu 44 Stimmen als Postulat überwiesen.
Minderheit wird zur Mehrheit
Im neuen Paragraph 36c des Aargauer Polizeigesetzes hat sich das Postulat wiedergefunden. In der zuständigen Sicherheitskommission sorgte er an deren Sitzung vom 27. April für viel Diskussion. Nach stundenlanger Beratung und kontrovers geführten Debatten ist man innerhalb der Kommission auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen. Dem Antrag, vollständig auf die Bewilligungspflicht zu verzichten, stimmte nur eine Minderheit zu. Eine knappe Mehrheit empfahl hingegen, neben den stationären auch den Einsatz von semistationären Überwachungsanlagen zu regeln. Dabei sollten diese auf maximal 72 Stunden zeitlich begrenzt werden. Und auf eine stationäre Radaranlagen sollte zudem eine entsprechende Beschilderung aufmerksam machen.
Nun hat der Grosse Rat überraschend dem Minderheitsantrag aus der Sicherheitskommission zugestimmt. Das heisst, dass der Paragraph gestrichen wird und damit auch die Bewilligungspflicht von stationären Radaranlagen durch den Regierungsrat.
Werbung