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Fussgängerstreifen sind heute gefährlicher
Der Blick auf die Unfallzahlen zeigt: 2023 gab es 2,5-mal mehr tödliche Kollisionen auf Fussgängerstreifen als im Vorjahr. Obwohl Ablenkung zu den grössten Unfallursachen gehört, kann auch der Zebrastreifen selbst ein grosses Risiko darstellen.
Ein Mann ist auf dem Weg zum Einkaufen mit seinem Auto. Er fährt gerade durch ein Dorf, als er in einigen Metern Entfernung einen Fussgängerstreifen registriert. Obwohl niemand zu sehen ist, reduziert er sein Tempo – er empfindet den Fussgängerstreifen als unübersichtlich, weil sich links davon ein Gebüsch befindet und rechts eine Hauswand. Eine kluge Entscheidung, wie sich gleich herausstellen wird.
Aus dem Nichts erscheint ein Fussgänger hinter der Hauswand. Der Lenker merkt, dass er es eilig hat und auf sein Vortrittsrecht besteht. Tatsächlich geht er zügig weiter über die Strasse. Der Autofahrer bremst rechtzeitig – dank des reduzierten Tempos und seiner Achtsamkeit kommt es nicht zur Kollision. Glück gehabt.
2,5-mal mehr Unfalltote auf Zebrastreifen
Genau solche Situationen passieren im Strassenverkehr täglich. Doch nicht immer gehen sie so glimpflich aus wie im fiktiven Beispiel oben. Dabei spielt einerseits die fehlende Aufmerksamkeit der Autofahrenden, aber auch der Fussgänger eine Rolle: «Ablenkung und Unaufmerksamkeit sind in den vergangenen Jahren zur Unfallursache Nummer eins aufgestiegen. Dies dürfte ein Grund sein, dass die Zebrastreifen eher weniger sicher geworden sind», sagt Willi Wismer von RoadCross Schweiz und verweist auf die aktuellen Unfallzahlen des Bundesamts für Strassen ASTRA. «Mehr Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme würden helfen, solche Unfälle zu verhindern.»
Die Statistik zeigt: 24 Fussgänger verloren letztes Jahr bei einem Verkehrsunfall auf einem Zebrastreifen ihr Leben. Das sind mehr als 2,5-mal so viele wie noch im Jahr davor: 2022 wurden 9 Personen bei einem Unfall auf einem Fussgängerstreifen getötet.
Sicherheitsrisiko Fussgängerstreifen
Doch auch die Fussgängerstreifen selbst können zur Gefahr werden: «Bei falscher Ausführung oder an ungeeigneten Stellen kann ein Fussgängerstreifen die Sicherheit beeinträchtigen», erklärt Mara Zenhäusern, Mediensprecherin der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU).
Solche gefährlichen Fussgängerstreifen gibt es tatsächlich gar nicht so wenige in der Schweiz. Seit Jahren machen Organisationen wie RoadCross Schweiz oder die BFU auf unsichere Zebrastreifen aufmerksam. «Wie viele es genau sind, können wir nicht sagen», sagt Mara Zenhäusern von der BFU auf Anfrage von STREETLIFE.
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Das machen die Tiefbauämter
Als Strassenbesitzer sind meist die Kantone für die Sicherheit der Fussgängerstreifen zuständig. Gefahrenmeldungen erhalten die Tiefbauämter daher immer wieder von besorgten Verkehrsteilnehmenden. So gingen in Luzern letztes Jahr 12 Meldungen zu Fussgängerstreifen ein, wobei zwei Massnahmen umgesetzt wurden: An der Warteggstrasse wurde ein neuer Zebrastreifen erstellt, inklusive Sichtverbesserung, und am Geissensteinring wurde einer wiedermarkiert und zusätzlich signalisiert. Bei Meldungen erfolge in der Regel eine Begehung und Einschätzung durch eine Fachperson. «Diese stützen sich auf die gängigen Normen und Vorgaben. Teilweise handelt es sich bei den Massnahmen auch nur um eine Wiederauffrischung der Farbe oder den Rückschnitt eines Gebüsches – das ist jeweils sehr unterschiedlich», sagt Milena Scherer, Co-Leiterin Mobilität der Stadt Luzern auf Anfrage von STREETLIFE.
Auch in Bern wurden letztes Jahr 10 Massnahmen umgesetzt, die die Fussgängerstreifen verbessern sollen: «Besonderes Gewicht hat die Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit Schulwegen», betont Karl Vogel, Leiter Verkehrsplanung der Stadt Bern. Mit dem Programm «Schulwegsicherheit konkret» seien in den letzten Jahren rund 100 Defizite behoben und damit die Sicherheit verbessert worden.
Und die Stadt Winterthur überprüfte vor drei Jahren im Rahmen einer Schwachstellenanalyse gar über 3000 Stellen mit dem Ziel, die Sicherheit der Fussgänger und Velofahrenden zu verbessern. «Dabei wurden 400 Stellen mit hohem Handlungsbedarf identifiziert – unter anderem auch nicht normgerechte Fussgängerstreifen. Viele Mängel wurden seither bereits behoben», sagt Michael Graf, Kommunikationsbeauftragter des Departements Bau und Mobilität.
So sieht ein sicherer Zebrastreifen aus
Damit ein Fussgängerstreifen als sicher gilt, sollte er laut BFU die «Big 5» erfüllen:
Er muss je nach Tempo in einem gewissen Abstand sichtbar und signalisiert sein. Auf Fussgängerschutzinseln sollte nur dann verzichtet werden, wenn die Fahrbahn zu schmal ist. Weiter sollte ein Fussgängerstreifen nicht über mehr als einen Fahrstreifen pro Fahrtrichtung führen und gut beleuchtet sein, damit Fussgängerinnen und Fussgänger von Autolenkenden auch nachts rechtzeitig erkannt werden können. Ein Fussgängerstreifen sollte ausserdem regelmässig begangen werden: Das heisst mindestens 100 Fussgängerinnen und Fussgänger in den fünf meistbelasteten Stunden.
«Fussgängerstreifen regeln lediglich den Vortritt»
Mara Zenhäusern von der Beratungsstelle für Unfallverhütung stellt jedoch klar: «Fussgängerstreifen an sich sind keine Sicherheitsmassnahme. Sie regeln lediglich den Vortritt des Fussverkehrs gegenüber dem Fahrverkehr.» Mike Egle von Roadcross betont die Wichtigkeit der Kommunikation zwischen den Autos und den Fussgängern: «Fussgänger sollten vor der Überquerung stets Augenkontakt suchen und abwarten, ob die Lenkerin oder der Lenker sie wahrgenommen hat und abbremst.»
Im Fahrzeug: So trägt man zur Sicherheit bei
Wer mit einem Fahrzeug unterwegs ist, kann ebenfalls für mehr Sicherheit sorgen. Wie es auf der Seite der BFU heisst, sollte man vor einem Fussgängerstreifen stets die Geschwindigkeit reduzieren und bremsbereit sein. Ausserdem ist es ratsam, auf unerwartete Verhaltensweisen der Fussgänger gefasst zu sein – gerade bei Kindern.

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