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Altöl für den Tank

Erste Klimadiesel-Tankstelle öffnet in der Schweiz

In Schlieren öffnet im März die erste öffentlich zugängliche HVO-Tankstelle der Schweiz. Der dort verfügbare Diesel-Treibstoff ist zu einem Grossteil CO₂-neutral. STREETLIFE hat mit dem Tankstellenbetreiber gesprochen und erklärt, für wen der synthetische Kraftstoff Sinn macht.

HVO steht für «Hydrotreated Vegetable Oil», oder zu Deutsch: «Hydriertes Pflanzenöl», aus dem es ursprünglich gewonnen wurde. Dabei ist oft von altem Pommes-Frites-Öl aus Raps oder Sonnenblumen die Rede. Heute können zur Herstellung der Diesel-Alternative aber auch andere Rest- oder Abfallstoffe verwendet werden wie Klärschlamm oder tierische Fette aus Schlachtabfällen. HVO ist kompatibel mit herkömmlichem Diesel, weist je nach Rohstoff und Produktionsmethode jedoch eine erheblich niedrigere CO₂-Bilanz auf, weshalb er auch unter dem Namen Klimadiesel bekannt ist.

Aktuell bei Nutzfahrzeugen im Einsatz

In der Schweiz kommt HVO aktuell besonders häufig bei dieselbetriebenen Nutzfahrzeug-Flotten zum Einsatz. «Gewisse Transportunternehmen müssen im Auftrag ihrer Kunden CO₂-neutral fahren. Hier stellt HVO eine ideale Ergänzung zur Elektromobilität oder zu Wasserstoffantrieben dar», erklärt Rino Bernasconi, Serviceleiter und stellvertretender Geschäftsleiter des Merbag Nutzfahrzeug-Zentrums in Schlieren.

Der grosse Mercedes-Benz Nutzfahrzeug-Betrieb verfügt seit einiger Zeit über eine HVO-Tankstelle, die bis anhin jedoch nur für Merbag-Kunden zugänglich war. Voraussichtlich Ende März 2024 öffnet der Standort seine Zapfsäulen nun für alle, die ihr Fahrzeug mit dem umweltfreundlicheren Diesel tanken wollen. Damit ist sie die erste öffentliche HVO-Tankstelle in der Schweiz.

«Sie tanken fürs gute Gewissen bei uns»

Wie gross die Nachfrage sein wird, ist laut Bernasconi jedoch unklar. Denn der erneuerbare Treibstoff hat derzeit noch einen gravierenden Nachteil im Vergleich zu seinem fossilen Bruder: Er ist teurer. «Mit einem Literpreis von 2,26 Franken kostet HVO rund 30 Rappen mehr als Diesel. Ich bin mir nicht sicher, ob der private Verbraucher bereit ist, freiwillig diesen Preis für die Umwelt zu zahlen – zumal die Kosten auch in anderen Lebensbereichen gestiegen sind», sagt Bernasconi und ergänzt, «wir haben aber tatsächlich jetzt schon ein paar Ausnahmekunden, die ihre privaten Fahrzeuge fürs gute Gewissen bei uns mit HVO tanken.»

Obwohl HVO grundsätzlich für alle Dieselfahrzeuge funktioniert, rät Bernasconi: «Ich würde mich vorab beim Hersteller informieren, ob HVO getankt werden darf. So kann man später Probleme mit der Garantie des Fahrzeugs ausschliessen.» Mercedes-Benz habe den Treibstoff bereits für alle seine dieselbetriebenen Modelle freigegeben.

«Gibt noch mehr als nur Elektromobilität»

Doch weshalb ist der Treibstoff gerade bei Nutzfahrzeugflotten so beliebt? «Mit unserem HVO-Treibstoff können Dieselfahrzeuge per sofort zu 82 Prozent CO₂-neutral fahren. Das ist günstiger, als eine gesamte Flotte auf alternative Antriebsformen umzustellen – und aus meiner Sicht auch eine sinnvollere Lösung, statt betriebsfähige Verbrennerfahrzeuge komplett zu ersetzen», so Bernasconi. Von der Schweizer Politik wünscht er sich daher, «dass man den Fokus nicht nur auf Elektromobilität setzt. Sie ist ein wichtiger Bestandteil für die Zukunft, aber nicht für jeden Zweck ideal. Wir müssen breiter und praktischer denken, damit wir für jedes Bedürfnis das passende Angebot finden, das wir energietechnisch auch abdecken können.»

Warum ist HVO umweltfreundlicher als Diesel?

Bei HVO handelt es sich um einen erneuerbaren beziehungsweise nachwachsenden Treibstoff, der aus Abfallprodukten hergestellt wird. «Bei der Verbrennung von HVO entstehen weniger Treibhausgasemissionen wie Kohlendioxid (CO₂), Stickoxide (NOx) und Partikel», schreibt eFUEL-TODAY, die grösste Informationsplattform rund um synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) auf ihrer Website. Weiter heisst es: «HVO enthalten im Vergleich zu herkömmlichem Dieselkraftstoff weniger Schadstoffe wie Schwefel, aromatische Verbindungen und Schwermetalle. Dies führt zu einer verbesserten Luftqualität und einer geringeren Belastung für Mensch und Umwelt.» Wie hoch die Emissionsreduktion sei, hänge zudem von der Rohstoffquelle, der Produktionsmethode und den spezifischen Eigenschaften des HVO-Kraftstoffs ab.

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