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Verkehr •
Aus der Zeit gefallen oder doch wieder hip?

Die Rückkehr der Autostöppler

Noch vor 25 Jahren waren Stöppler normal. Heute ist Autostopp selten. Aber wusstest du, dass es eine Schweizer Autostopp-Meisterschaft gibt, dass immer mehr Gemeinden Mitfahrbänkli aufstellen – und dass Autostopp in Israel flott mit unmoralischen Angeboten enden kann?

Auf Kuba ist es Pflicht, in Italien illegal und in Israel ganz schnell mal unanständig. Aber dazu später. Noch bis in die 1990er-Jahre waren Autostöppler auch in der Schweiz ganz normal: Die Ü50-Generation schwelgt an langen Beizenabenden bis heute in wilden Abenteuer-Stories rund ums Fahren per Anhalter. Doch seither sehen wir kaum gereckte Daumen am Strassenrand. Warum? Sicher, Trampen ist nie risikofrei, aber die Schweiz unverändert eines der sichersten Länder. Experten sagen: Es ist schlicht aus der Mode gekommen.

Stöppeln als Woodstock des Dorfs

Heute greifen wir zum Handy, rufen als Stift oder Lehrtochter Papi oder Mami zu Hilfe oder organisieren als Erwachsene ein Mobility-Auto oder Uber. In den 1960er-Jahren gabs das alles nicht. Das Postauto fuhr längst nicht in jedes Tal, und Autos musste man bar bezahlen – gerade junge Leute hatten schlicht kein Geld. Vor allem aber war es die Flowerpower-Zeit: Freiheit hiess das Zauberwort. Stöppeln war quasi das Woodstock des Dorflebens. Und wir hatten gefühlt viel mehr Zeit: Eine halbe Stunde Warten fanden wir sogar lässig.

Immer mehr Schweizer Mitfahrbänkli

Ab den Seventies gings bergab, zur Jahrtausendwende wars vorbei. Erlaubt ist es bis heute und in Zeiten des Umweltschutzes und Carsharings plötzlich wieder aktuell. Ostschweizer Gemeinden oder Masein GR haben Mitfahrbänkli aufgestellt; in Masein mit Klappschildern für die Mitfahrrichtungen, denn, so heisst es, nicht immer fahre das Postauto zur rechten Zeit. Der Kanton Luzern stellt ab Frühling 2024 sechs Bänke auf. Wem das nicht reicht, der findet gar einen Verein, der Schweizer Autostopp-Wettbewerbe veranstaltet (s. Box).

Helle Kleidung erhöht die Chancen

Selbst mal ausprobieren? Dann hilft das Web weiter. Da gibts zum Beispiel Hitchmap.com: Hier findet man raus, wo gute Mitfahrchancen bestehen. Und viele Tipps. Etwa: Zielschilder helfen. Auch helle Kleidung ist angeblich förderlich, ebenso Augenkontakt zu Autofahrenden. Das Ansprechen klappt oft eher als reines Hinstellen und vor allem, wenn die Leute gerade erst zum Beispiel an einer Tankstelle ankommen; so haben sie bis zur Abfahrt Zeit, zu überlegen. Zur Sicherheit: Foto vom Kontrollschild und es an Vertraute senden.

Auch die mittlerweile zurückgetretene Bundesrätin Simonetta Sommaruga nahm Reisende mit:

In Italien und Spanien kostets Busse

Rechtlich ist Autostopp erlaubt. Verboten ist nur, auf Autobahnen und Autostrassen oder in deren Einfahrten zu stehen; erlaubt ists aber auf Park- und Rastplätzen. Im Ausland ists völlig verschieden. In Irland oder Polen ist Trampen normal, selbst fürs Grosi. In den Niederlanden gibts gar extra Mitnahmeplätze («Liftershalte»). In Italien und Spanien kostet Daumen am Strassenrand Busse; nur direktes Fragen ist erlaubt. In Österreich ists in Kärnten und Vorarlberg erst ab 14, in der Steiermark erst ab 16 Jahren erlaubt. Und die Versicherung? Wer im Auto sitzt, ist via Auto mitversichert; eine separate Insassenschutzversicherung ist also überflüssig.

In Israel wirds fast unmoralisch

Und ausserhalb Europas? Je nachdem: In den USA sagen die meisten Bundesstaaten ja, einige wenige nein zu Hitchhikern. Auf Kuba ist Mitnehmen Pflicht, macht nur keiner. In Asien ist es oft verboten, in Südamerika gefährlich, in Afrika vielerorts Normalität. Dort signalisiert man mit auf und ab bewegtem gestreckten Arm. Achtung: Wer je in Israel autostöppelt, sollte den Zeigefinger in die gewünschte Mitfahr-Richtung strecken. Nie aber den Daumen nach oben recken: So preisen in Israel Prostituierte am Strassenrand ihre Dienste an.

Schweizermeisterschaft im Autostopp

Bereits neun Mal wetteiferten Schweizer Freundinnen und Freunde des Autostopps letztes Jahr um den Sieg in der, kein Witz, Schweizer Autostopp-Meisterschaft. Ein rühriger kleiner Verein organisiert alljährlich eine Challenge um die kürzeste Zeit vom Start zum Ziel. Wie verschieden das ausgeht, zeigen Resultate von 2022: Für 285 Kilometer von Fribourg nach Novaggio TI brauchten Cécile und Florence drei Autos und über sechs Stunden, Noana und Maira zehn Autos und 26 (!) Stunden. Lust zum Mitmachen? Infos unter Autostoppp.ch.

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