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Das sind die grössten Ablenkungsrisiken am Steuer
Es ist die Unfallursache Nummer eins: Ablenkung. 6141 Unfälle geschahen im Jahr 2024 aufgrund von Unaufmerksamkeit. Was genau lenkt Autofahrende am meisten ab, und wie gefährlich sind scheinbar harmlose Alltagsgewohnheiten wirklich?
Die rechtliche Lage ist eindeutig: Fahrzeuglenkende müssen ihr Fahrzeug jederzeit sicher beherrschen. Das bedeutet, dass während der Fahrt keine Tätigkeiten ausgeführt werden dürfen, die das Bedienen des Fahrzeugs erschweren oder die Aufmerksamkeit vom Verkehr abziehen. Mit anderen Worten: Die gesamte Konzentration gehört der Strasse. Ablenkungen durch Smartphone, Navigationssystem oder andere Infotainment-Geräte sind verboten.
Und trotzdem passieren in der Schweiz täglich zahlreiche Unfälle, bei denen Ablenkung und Unaufmerksamkeit eine entscheidende Rolle spielen. Laut Bundesamt für Statistik gab es im Jahr 2024 insgesamt 17’432 Unfälle mit Personenschaden. Trotz grosser technischer Fortschritte bleibt die Zahl schwerer Unfälle konstant, ein wesentlicher Grund dafür sind Verhaltensfehler der Verkehrsteilnehmenden. Bei etwa einem Drittel aller schweren Unfälle war Ablenkung oder mangelnde Aufmerksamkeit eine Ursache.
STREETLIFE zeigt, welche Ablenkungsrisiken im Alltag am häufigsten zu Unfällen führen.
Mobile Geräte wie Telefone, Messaging und Apps
Handynutzung erhöht nach Studien das Unfallrisiko deutlich, auch Freisprecheinrichtungen reduzieren die Gefahr nicht vollständig. Laut der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu steigert die Benützung des Handys das Risiko eines Unfalls um fast das Fünffache, die Benützung einer Freisprechanlage um das Vierfache. Überdies ist das Schreiben von SMS/WhatsApp am Steuer in der Rechtsprechung als schwere Verkehrsregelverletzung eingestuft worden; bei Verstössen drohen nicht nur Bussen, sondern in gravierenden Fällen sogar Freiheits- oder Geldstrafen. In der Schweiz kostet das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung eine Ordnungsbusse von 100 Franken.
Mitfahrer, besonders Kinder oder junge Passagiere
Gespräche, Streit oder die Sorge um Kinder auf dem Rücksitz lenken ab. Bei jungen Lenkenden steigt das Unfallrisiko mit der Anzahl der Passagiere deutlich. In einigen Ländern, wie beispielsweise in den USA oder in Australien, gelten deshalb Passagierbeschränkungen für Neulenker. Auch bei Erwachsenen kann bereits ein kurzer Blick nach hinten gravierende Folgen haben. Ein Gerichtsentscheid aus dem Jahr 2022 zeigt dies deutlich: Ein Vater drehte sich während der Fahrt um, um zu prüfen, ob seine Kinder schliefen. Dabei verlor er auf einer verschneiten Autobahnausfahrt die Kontrolle über das Fahrzeug. Das Kantonsgericht Freiburg qualifizierte den Vorfall als mittelschwere Verkehrsverletzung und bestätigte einen einmonatigen Führerausweisentzug.
Ereignisse und Objekte ausserhalb des Fahrzeugs
Ablenkungen ausserhalb des Fahrzeugs stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, insbesondere in komplexen Verkehrssituationen wie Kreuzungen, bei Fussgängerüberwegen oder in verkehrsreichen Innenstädten. Ein zentrales Problem ist der sogenannte «visual clutter», also die visuelle Reizüberflutung durch eine Vielzahl von Informationen. Strassenreklamen tragen wesentlich dazu bei: Plakate, LED-Werbebildschirme oder auffällig gestaltete Werbeflächen lenken die Aufmerksamkeit der Fahrenden ab, und das oft genau dort, wo sie sich voll und ganz auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren sollten. Deshalb empfiehlt etwa die BFU, Werbung innerorts auf das notwendige Minimum zu beschränken.
Neben Reklamen und Schildern gibt es weitere externe Ablenkungsquellen wie zum Beispiel auffällige Bauarbeiten, ungewöhnliche Ereignisse wie Unfälle oder Polizeieinsätze am Strassenrand, Menschenansammlungen oder lautstarke Musikveranstaltungen. Auch Naturereignisse wie Sonnenuntergänge, Regenbögen oder Wildtiere am Strassenrand ziehen oft unwillkürlich den Blick der Fahrenden an.
Essen, Trinken und Rauchen
Hand zum Glas, Blick kurz vom Strassenbild — solche Unterbrechungen sind häufig und unterschätzt. Grundsätzlich ist Essen, Trinken oder Rauchen am Steuer in der Schweiz aber nicht explizit verboten. Entscheidend ist jedoch, dass die Kontrolle über das Fahrzeug jederzeit gewährleistet bleibt. Mindestens eine Hand muss stets am Lenkrad sein, auch bei aktiviertem Lenkassistenten. Die zweite Hand darf nur dann anderweitig beschäftigt sein, wenn sie entweder für fahrrelevante Aufgaben wie Gangwechsel eingesetzt wird oder jederzeit eingreifen könnte. Während das Rauchen meist als unproblematisch gilt, da die Hand mit einer Zigarette noch lenkbereit ist, kann das Halten eines Burgers oder einer grossen Mahlzeit bereits als zu ablenkend gewertet werden. Solche Situationen führen immer wieder zu Bussen, selbst wenn kein konkreter Unfall passiert. Auch wer seine Haare kämmt oder den Lippenstift nachzieht und dabei länger in den Rückspiegel schaut, macht sich strafbar.
Infotainment, Touchscreens und Navigation
Das Einstellen von Navi, Radiosendern oder das Tippen am Touchscreen beansprucht Augen, Hände und Geist gleichzeitig. Aktuelle Daten zeigen, dass Ablenkung durch solche elektronischen Geräte das Unfallrisiko um etwa 50 Prozent erhöht. Die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere Artikel 3 der Verkehrsregelverordnung und Artikel 31 des Strassenverkehrsgesetzes, verlangen, dass Fahrzeuglenkende ihre volle Aufmerksamkeit dem Verkehr widmen und nicht durch Bedienung von Geräten beeinträchtigt werden dürfen.
Musik & Audio (auch Podcasts)
Laute Diskussionen oder abruptes Bedienen der Anlage stören den Fokus. Bei jungen Fahrerinnen und Fahrern kann laute Musik in Kombination mit Passagieren das Risiko weiter erhöhen. Zudem: Wird die Musik zu laut, kann das wichtige Geräusche wie Sirenen übertönen, etwa bei einem Rettungseinsatz. Wer zu spät reagiert, gefährdet sich und andere.
Tiere im Fahrzeug
Ein ungesicherter Hund auf dem Sitz kann sowohl Tier als auch Lenker ablenken, zum Beispiel durch plötzliche Bewegungen. Das birgt nicht nur ein erhebliches Unfallrisiko, es kann auch ernste juristische und praktische Folgen haben. In der Schweiz gelten Tiere im Auto als Ladung, gemäss Art. 30 Abs. 2 SVG. Sie müssen so gesichert werden, dass sie weder Fahrbetrieb noch Mitfahrende gefährden.
Praktische Tipps: So bleiben Sie Aufmerksam
Vor Fahrtbeginn
- Telefon stumm oder in den Flugmodus versetzen oder im Handschuhfach verstauen.
- Navi und Ziel eintragen, bevor es losgeht. Sprachführung nutzen.
- Kinder und Tiere sichern zum Beispiel mit Kindersitz und Transportboxen.
Während der Fahrt
- Keine Bildschirmarbeit wie Tippen oder Lesen.
- Kurze Pausen machen, wenn eine Nachricht dringend ist.
- Bei Ablenkung durch Mitfahrer höflich Grenzen setzen zum Beispiel «Ich fahre, wir sprechen später».
Fahrzeug-Einstellungen
- Favoriten für Radio und Playlists anlegen.
- Head-up-Display, Lenkradfernbedienung und Sprachsteuerung bewusst konfigurieren.
- Navigationssystem so einstellen, dass es nur bei Stillstand bedienbar ist, falls möglich.

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