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Bussen von 4600 Franken in nur 30 Minuten
Seit Januar wird das Fahrverbot an der Zürcher Langstrasse mit Kameras überwacht. Wer reinrasselt bezahlt eine 100-Franken-Busse. In nur 30 Minuten kassierten fast 50 Fahrzeuglenkende eine Strafe. Was vielen sauer aufstösst: Die Polizei selbst hält sich nicht ans Verbot.
Seit Ende September sorgt ein Fahrverbot zugunsten der Velo-Vorzugsroute an der Zürcher Langstrasse über die Stadtgrenze hinaus für rote Köpfe. So dürfen auf den 60 Metern zwischen der Lambada Bar und dem Bagatelle Club keine Autos, abgesehen von Taxis und Bussen, fahren.
Trotz Verbotstafel haben viele Fahrzeuglenkende das Verbot in den letzten Wochen schlicht ignoriert. Dem will die Stadt Zürich jetzt endgültig einen Riegel vorschieben: Die Strecke ist seit dem 8. Januar mit einer automatischen Zufahrtskontrolle überwacht. Wer ohne Bewilligung in den Bereich fährt, wird erfasst und gebüsst. Mit satten 100 Franken.
Bussenfalle im Dauereinsatz
Doch schreckt die Zufahrtskontrolle die Fahrzeuglenkenden wirklich ab? Wissen sie überhaupt, dass sie aufgezeichnet werden? Tatsache ist: Die Kamera ist für ein falsch fahrendes Fahrzeug nicht erkennbar. Anders als bei einem Radargerät befindet sie sich versteckt hinter der Verbotstafel.
Das macht die Zufahrtskontrolle zur regelrechten Bussenfalle im Dauereinsatz. STREETLIFE war am Dienstag, 16. Januar ab 16.30 Uhr vor Ort. Während einer halben Stunde zählten wir die falschfahrenden Fahrzeuge. Das Resultat: 37 Autos, 7 Lieferwagen und 2 Vespas missachteten das Verbot. Dadurch wurden innert kürzester Zeit Bussen in der Höhe von 4600 Franken in die Zürcher Staatskasse gespült.
Die Stadtpolizei Zürich bestätigt auf Anfrage, dass das Fahrverbot zuletzt oft missachtet worden sei. Wie viele Bussen seit der Installation der Kameras ausgestellt wurden, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. «Im Moment werden all die Fahrzeuge mit einer Durchfahrtsberechtigung zum Beispiel von der VBZ aussortiert. Alle anderen werden hingegen automatisch an die Zentralstelle für Ordnungsbussen bei der Stadtpolizei Zürich weitergeleitet», so Marc Surber, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich. Es ist also gut möglich, das Fahrzeuglenkende bereits mehrfach aufgezeichnet wurden und noch gar nichts davon wissen.
Polizei ignoriert das Fahrverbot
Busse und Taxis sind vom Fahrverbot ausgenommen – so steht es auf der Verbotstafel. Allerdings steht da nichts von der Polizei. Und das stösst vielen im Quartier sauer auf. Denn diese benutzt das gesperrte Stück regelmässig für Patrouillenfahrten. Auch während STREETLIFE vor Ort ist, befahren gleich mehrere Polizeiwagen die Strecke (siehe Video). Muss sich die Polizei nicht ans Fahrverbot halten?
Laut dem Strassenverkehrsgesetz (SVG) dürfen Blaulicht-Organisationen bei «dringlichen oder taktisch notwendigen Dienstfahrten» Verkehrsregeln missachten. Bei keiner der von STREETLIFE beobachten Fahrten handelte es sich aber um eine Blaulicht-Fahrt. Was gilt nun?
«Für die polizeiliche Auftragserfüllung beziehungsweise zu dienstlichen Zwecken wie etwa bei Patrouillenfahrten, kann es nötig sein, dass Polizeifahrzeuge auch durch ein Fahrverbot fahren müssen», führt Surber von der Stadtpolizei Zürich aus. Und weiter: «Wenn die Polizei mit dem Fahrzeug auf Patrouille ist und von der Einsatzzentrale einen Auftrag erhält, bei dem sie möglichst rasch vor Ort sein müssen, haben die Polizistinnen und Polizisten keine Zeit, um erst noch zum parkierten Fahrzeug oder direkt zum Einsatzort, ohne Fahrzeug und ohne Einsatzmittel, hinzulaufen.»
Diene die Patrouillenfahrt aber nur zur Überwachung des Fahrverbotes müsse man sich schon überlegen, «ob dann das alleinige Durchfahren sinnvoll ist», wie sich Frank Rüfenacht, Verkehrschef der Berner Kantonspolizei in einem SRF-Interview zu einem ähnlichen Fall äusserte. Auch Franz-Xaver Zemp, Leiter der Verkehrs-Fachstelle der Luzerner Kantonspolizei streicht ihm gleichen Artikel die Notwendigkeit eines dringenden Rechtfertigungsgrundes heraus: «Es wäre ja auch verheerend, wenn diejenigen, die das Recht durchsetzen müssen, sich alles erlauben dürften.»
Schikane für die Automobilisten
Bereits seit der Einführung des Fahrverbotes ist die neue Regelung an der Langstrasse für Anwohnerinnen und Anwohner, für das Gewerbe im Quartier aber vor allem für die betroffenen Autofahrenden Dorn im Auge. So meint Regina Pfenninger, die an der Langstrasse arbeitet: «Kein Mensch versteht, warum dieses Fahrverbot für diese paar Meter eingeführt wurde. Es ist unnütz. Alle anderen werden damit nur schikaniert.
Weitere Stimmen zum Langstrassen-Fahrverbot findest du in der STREETLIFE-Umfrage.

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