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Einkaufen in Deutschland

Ab 50 Kilometern lohnt es sich nicht mehr

Für Schweizer im grenznahen Gebiet lohnt sich der Einkauf in Lörrach, Waldshut, Jestetten oder Konstanz. Doch wie sieht es mit Einkaufstouristen aus, die etwas weiter weg wohnen? STREETLIFE hat nachgerechnet.

An einem Samstag sieht man im grenznahen Deutschland viele Autos mit Schweizer Kennzeichen vor den grossen Supermärkten. Kein Wunder, kosten hier doch Fleisch, Spülmittel oder Katzenfutter bis zu einem Drittel von dem, was es in der Schweiz kosten würde. Was jedoch die wenigsten Personen berücksichtigen: Der Weg in die deutschen Städte ist ebenfalls mit Kosten verbunden. STREETLIFE zeigt dir, ab welcher Distanz die Wegkosten so teuer werden, dass sich der Einkauf ennet der Grenze nicht mehr lohnt.

Die Rapperswiler könnten dabei neidisch auf die Rütner sein, genauso wie die Steinhauser auf die Knonauer: die zweitgenannten Gemeinden liegen innerhalb des errechneten Radius von 50 Kilometer Luftlinie, von der es sich noch lohnt, nach Jestetten in Deutschland zum Einkaufen zu fahren. Die erstgenannten Gemeinden hingegen liegen ausserhalb dieser Linie.

Dafür hat STREETLIFE die Preisunterschiede, den Durchschnittspreis pro Kilometer und die rückerstattbare Mehrwertsteuer von Deutschland (Umsatzsteuer) in die Berechnung miteinbezogen (siehe Box). Das Resultat: Bei einem Einkaufswert von 200 Franken lohnt sich die Fahrt nach Jestetten, wenn die Distanz weniger als 50 Kilometer Luftlinie beträgt. So liegen neben Rüti ZH und Knonau ZH auch Wädenswil ZH, Sihlbrugg ZG und Meisterschwanden AG innerhalb dieser Luftlinie. Richterswil ZH, Baar ZG oder Hitzkirch LU hingegen liegen ausserhalb dieser Grenze.

«Indirekte Subvention»

Diese Distanz könnte jedoch bald reduziert werden: Kürzlich wurde bekannt, dass Finanzministerin Karin Keller-Sutter die Freigrenze für den Einkaufstourismus auf 150 Franken halbieren möchte. Eine Vernehmlassung dazu soll bald gestartet werden, wie kürzlich verschiedene Medien berichteten.

Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) hat dies schon vor Jahren vorgeschlagen. «Damals kamen wir nicht durch mit dieser Idee», sagt Henrique Schneider, stellvertretender Direktor des SGV. Inzwischen gibt es auch politischen Druck aus den Kantonen: die Grenzkantone Thurgau und St. Gallen haben je eine Standesinitiative beim Bund platziert.

«Generell ist der Gewerbeverband nicht gegen den Einkauf ennet der Grenze und will diesen auch nicht verhindern», sagt Schneider weiter. Es gibt aber eine Lücke zwischen der Wertfreigrenze von Deutschland (50 Euro/ca. 45 Franken) und der Schweiz (heute 300 Franken). Dazwischen kann man in Deutschland die Umsatzsteuer, wie die Mehrwertsteuer dort heisst, zurückfordern, ohne diese Abgabe in der Schweiz entrichten zu müssen. «Durch diese Freigrenzen-Lücke wird die Bevölkerung indirekt subventioniert», so Schneider.

Er bezweifelt auch, dass sich eine lange Fahrt über die Grenze lohnt. «Wahrscheinlich nehmen nicht alle Personen die Fahrkosten in die Gleichung auf», sagt Schneider dazu. Er unterstreicht diesen Punkt mit einer Anekdote: «Ein Taxifahrer rief uns an und erzählte, dass er jede Woche einen Fahrgast von Zürich nach Konstanz zum Einkaufen fährt. Auf meine Gegenfrage, ob sich das denn lohne, meinte er: Sicher nicht, aber das sage ich dem Fahrgast bestimmt nicht!»

 

Wie hat STREETLIFE gerechnet?

Die Preisunterschiede können variieren von gleichen Preisen, wie oftmals bei Elektronikartikeln zu beobachten ist, bis hin zu einem drei- oder vierfachen Preis zum Beispiel für Fleisch.

Eurostat, die Statistikbehörde der EU, weist die Kaufkraft der verschiedenen Länder nach Produktkategorien aus. Das ermöglicht den Preisvergleich einzelner Produktgruppen ­– wie zum Beispiel Nahrungsmittel oder Bekleidung ­– über die Landesgrenzen hinweg. Ein Warenkorb mit den gleichen Nahrungsmitteln, Getränken und Kleidern für 200 Franken in der Schweiz kostet nach dieser Berechnung 139 Franken in Deutschland. Lässt man sich noch die Mehrwertsteuer zurückerstatten, kostet er sogar nur 117 Franken.

Solange die Fahrt zum Einkaufen in unser Nachbarland also weniger als 83 Franken kostet, profitiert man von den tieferen Preisen im Nachbarland. Viele Menschen berücksichtigen dabei aber nur die Treibstoffkosten. Doch diese machen nicht einmal ein Fünftel der gesamten Kilometerkosten aus. Gemäss Touring Club Schweiz TCS kostet das Schweizer Durchschnittsauto 75 Rappen pro Kilometer. Das beinhaltet Steuern, Versicherung, Parkplatzmiete, Reifenverschleiss, Abschreibung, Wertminderung und vieles mehr.  

Mit 83 Franken lassen sich bei einem Kilometerpreis von 75 Rappen also 110 Kilometer zurücklegen. Diese Distanz gilt allerdings für den Hin- und Rückweg, womit die effektive Distanz zum Einkaufsort 55 Kilometer beträgt. Um die nicht gerade Strassenführung zu kompensieren, legte STREETLIFE einen Radius von 50 Kilometer um Jestetten, um zu ermitteln, ab welcher Ortschaft sich ein Einkauf in Deutschland lohnt. 

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