Werbung
Ist ein Nachtfahrverbot für Neulenkende in der Schweiz möglich?
Das Nachtfahrverbot für Junglenkende taucht in Diskussionen zum Thema Sicherheit im Strassenverkehr immer wieder auf – zuletzt auch in der Führerausweis-Anpassung in der EU. STREETLIFE zeigt, warum das Thema trotz heftiger Kritik nie vom Tisch zu sein scheint.
Junglenkende sollen in der Nacht aus Sicherheitsgründen nicht mehr Autofahren dürfen: Ein kontroverses Thema, das jedoch immer wieder aufkommt und für heftige Diskussionen sorgt – in der Schweiz wie auch im Ausland.
Junge stellen grösste Risikogruppe dar
Die Idee kommt nicht von ungefähr. Schliesslich haben Junglenkende gemäss der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) hierzulande ein besonders hohes Risiko für schwere Unfälle: Im Schnitt der Jahre 2019 bis 2023 werden auf Schweizer Strassen 22 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahren getötet und 420 weitere schwer verletzt. Diese Zahlen umfassen alle Mobilitätsarten, also auch Personen, die zu Fuss unterwegs sind.
«Am Wochenende und nachts gehen Unfälle häufig tödlich aus», erklärt BFU-Mediensprecherin Mara Zenhäusern. Zu schnell, übermüdet oder angetrunken unterwegs – das sind laut BFU die zentralen Unfallursachen neben Unaufmerksamkeit und Ablenkung. Dabei seien selbstverschuldete Schleuderunfälle die häufigste Unfallart, die auch die meisten Verkehrsopfer in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen fordere.
Das sagt die Schweizer Politik zum Thema
Im Rahmen eines Berichts hat die BFU daher bereits 2019 ein Nachtfahrverbot für Junglenkende als Präventionsmassnahme vorgestellt. Damals sorgte das Thema für einen Aufschrei in der Politik, und zwar ausnahmsweise von Links bis Rechts. Es würde Junglenkende unter Generalverdacht stellen, hiess der vielzitierte Vorwurf von Politikern der SVP, aber auch der SP. Auch Grünen-Nationalrat Michael Töngi gab in einem Artikel der Aargauer Zeitung zu Bedenken, dass die Massnahme schwierig zu kontrollieren und umzusetzen sei, obwohl damit sicherlich die Unfallzahlen gesenkt werden könnten.
Grüne schlägt Nachtfahrverbot bei Führerschein-Revision der EU vor
Jüngst wurde ein Nachtfahrverbot für Neulenkende sogar europaweit in die Diskussionsrunde geworfen: Im Rahmen einer Führerausweis-Reform in den EU-Ländern holte die Grünen-Abgeordnete Karima Delli zu einem Rundumschlag gegen Senioren, Junglenkende und SUV-Fahrende aus, wie auch STREETLIFE damals berichtete. Die Französin forderte dabei unter anderem ein Nachtfahrverbot für Neulenkende, um Fahrten unter Alkoholeinfluss zu reduzieren. Dabei sollten unerfahrene Lenkerinnen und Lenker zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens nicht mehr Autofahren dürfen.
Zwar stiess die französische Verkehrsausschuss-Vorsitzende mit ihren Forderungen im Parlament auf wenig Anklang. STREETLIFE wollte trotzdem wissen: Wäre das Nachtfahrverbot auch in der Schweiz denkbar, wenn die EU vorlegen würde? Schliesslich orientiert sich die Schweiz oft an EU-Regelungen.
Könnte das Nachtfahrverbot in der Schweiz kommen?
Tatsächlich zeigt eine Anfrage beim Bundesamt für Strassen ASTRA: Ausgeschlossen ist dies nicht. «Nach einer allfälligen Anpassung im EU-Recht müssten wir prüfen, ob eine Übernahme ins schweizerische Recht sinnvoll ist», sagt Mediensprecher Lorenzo Quolantoni.
Nachtfahrverbot mit Autos könnte andere negative Folgen haben
Wäre das im Sinne der BFU? «Grundsätzlich begrüsst die BFU Massnahmen, die darauf abzielen, die schweren Unfälle dieser Altersgruppe zu reduzieren», sagt Mara Zenhäusern, doch relativiert, «eine noch so wirksame Massnahme ist in der Realität nur dann sinnvoll, wenn auch andere Faktoren berücksichtigt werden: die Akzeptanz einer Massnahme, aber auch die Umsetz- und Durchsetzbarkeit.» Es sei fragwürdig, ob sich die Massnahme polizeilich oder technisch überhaupt kontrollieren lassen würde.
Ausserdem sei momentan die Rede für ein Fahrverbot von Personenwagen, was jedoch eine kontraproduktive Reaktion zur Folge haben könnte: «Die Jungen könnten auf andere Verkehrsmittel wie Motorräder ausweichen», befürchtet Mara Zenhäusern. Damit wäre der ganze positive Effekt der Unfallverhütung wieder verpufft, denn: «Motorräder haben ein noch grösseres Unfallrisiko.»

Hast du etwas beobachtet?
Werbung