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Fragwürdige Methoden: Und wieder sorgt Autoscout24 für rote Köpfe
Eine von Autoscout24 in Auftrag gegebene Studie hat einen heftigen Streit unter den Online-Autohändlern ausgelöst. Die Resultate seien herabwürdigend und falsch, so die Konkurrenz. Jetzt zeigt sich: Selbst die Fachhochschule distanziert sich von der Darstellung der Ergebnisse im Autoscout-Kundenmagazin.
Schweizer Auto-Portale sind hässig auf ihren Konkurrenten Autoscout24. Grund dafür ist eine umstrittene Studie, die der Marktleader bei der ZHAW School of Management and Law in Auftrag gegeben hat.
Das grösste Auto-Portal der Schweiz wollte «herausfinden, wie Händler unterschiedliche Marketingkanäle hinsichtlich Anzahl, Qualität und Kosten in Bezug auf die generierten Leads nutzen und bewerten», heisst es in ihrem Kundenmagazin «Pit Stop». Dazu führte die ZHAW zwei parallele Befragungen bei Händlern und Endkunden durch.
Unklare Datenbasis, massiver Schaden
Die Konkurrenz zeigt sich irritiert über die Studie. So behauptet Autoscout in der Studienpublikation unter anderem, dass die befragten Händler mit Carmarket gar keine und mit Autolina lediglich 3 Prozent ihrer Leads generieren. Und in einer Grafik wird dargelegt, dass ein Lead bei Carmarket 87 Franken koste: Eine ziemlich schwierig nachvollziehbare Einschätzung, wo doch die Insertion von Autos auf Carmarket für die Händler bisher gratis ist.
Die Darstellungen seien völlig falsch, konstatiert Carmarket darum in einem LinkedIn-Beitrag. Man habe die Leads im Vergleich zum Vorjahr um 106 Prozent steigern können. Auch Autolina berichtet in seinem Newsletter von einer Steigerung um 40 Prozent und einer monatlichen Reichweite von 1,5 Millionen Fahrzeugsuchenden.
Das ist ein Lead
Der Begriff stammt aus dem Marketing. Gemeint ist damit ein qualifizierter Kontakt mit einem Kaufinteressenten. Dieser interessiert sich für das Produkt eines Verkäufers so stark, dass er bei der Plattform oder dem Werbetreibenden seine Adressdaten (Lead = Datensatz) hinterlässt. So wird ein Dialogaufbau möglich und es ist realistisch, dass es zum Verkaufsabschluss kommt.
Deutliche Worte findet Autolina-CEO Wolfgang Schinagl in einem Newsletter, der STREETLIFE vorliegt. Hier spricht er von unlauterem Wettbewerb und richtet sich direkt an die Lesenden: «Diese Darstellung ist nicht nur inhaltlich falsch – sie ist aus unserer Sicht auch ein gezielter Versuch, mit manipulativer Kommunikation Preiserhöhungen bei AutoScout24 zu rechtfertigen und gleichzeitig Wettbewerber zu diskreditieren.»
Und er zeichnet die nächsten Schritte der Online-Verkaufsplattform gegen Autoscout auf. «Autolina hat deshalb umgehend rechtliche Schritte eingeleitet, unter anderem eine formelle Abmahnung wegen unlauterem Wettbewerb, die Forderung nach öffentlicher Gegendarstellung sowie eine Unterlassungserklärung mit klarer Strafandrohung.»
Mitkonkurrent Carmarket wählt einen anderen Weg. «Wir verzichten darauf, mit Autoscout in Kontakt zu treten», sagt Carmarket-Verwaltungsrat Philipp Rhomberg. «Von diesem Austausch erwarten wir nichts. Der Schaden ist bereits angerichtet. Jetzt interessiert uns das zugrundeliegende Datenmaterial, welches wir unbedingt einsehen wollen.» Die Online-Plattform hat eine entsprechende Anfrage bei der ZHAW platziert.
Fachhochschule distanziert sich von Publikation
Falsche Zahlen, inhaltlich falsch – warum genau wirbelt diese Studie so viel Staub bei den Online-Autohändlern auf? STREETLIFE wollte es genauer wissen und hat ebenfalls bei der ZHAW nachgefragt. Und die reagierte mit einer überraschenden Antwort: «Bei dem von Ihnen erwähnten Projekt handelt es sich momentan noch nicht wie dargestellt um eine Studie», sagt ZHAW-Mediensprecher Dominik Bracher. Die ZHAW habe bis jetzt lediglich zwei Umfragen im Auftrag von Autoscout durchgeführt und diese «stellen erste Arbeitsschritte dar und bilden nicht ein finales Endergebnis.»
Die Fachhochschule distanziert sich denn auch von der Publikation im «Pit Stop»-Magazin. «An der Erstellung der erwähnten Publikation waren die ZHAW-Forschenden nicht beteiligt», so Bracher weiter. Zudem hält der Lehrstuhl fest: Man habe sich im vorliegenden Fall vollumfänglich an die Grundprinzipien des Kodex zur wissenschaftlichen Integrität der Akademien der Wissenschaft Schweiz gehalten.
Autoscout hat demnach eine noch nicht ausgewertete Umfrage als fertige Studie gekennzeichnet und publiziert. Doch von diesem Vorwurf will die Swiss Marketplace Group SMG, die Dachorganisation von Autoscout, Immoscout und Ricardo, nichts wissen. So schreibt Pressesprecherin Saskia Iten in ihrer Antwort: «Die von der ZHAW ausgearbeitete und der SMG übermittelte kommentierte Analyse der Umfrageergebnisse trug den Titel 'B2B Value Study 2025'. Entsprechend wurde im Beitrag der Begriff 'Studie' verwendet, ebenso wie beispielweise der Begriff 'Analyse'.»
Darüber hinaus lasse das Unternehmen auch den Vorhalt des unlauteren Wettbewerbs nicht gelten. Und gibt den Ball damit zurück an die Fachhochschule: «Das Autoscout24-Magazin gibt Ergebnisse einer Studie der ZHAW wieder. Die SMG hat keine Kenntnis von einem angeblichen Schaden, der durch die Publikation entstanden sein soll.»
«Braut wird für den Börsengang hübsch gemacht»
Dass die Swiss Marketplace Group aktuell so vorgeht, erstaunt Kenner der Branche nicht. Es wird ein Seitenhieb gegen die Konkurrenz mit strategischem Kalkül vermutet. Denn: Die Swiss Marketplace Group plant in Kürze einen Börsengang. Am Dienstag vermeldete die Online-Plattform Inside Paradeplatz, dass dies bereits in einem Monat der Fall sein soll. So dürften noch diesen Freitag die entsprechenden Order-Bücher geschlossen werden (siehe Box). «Hier wird die Braut für den Börsengang hübsch gemacht», heisst es in der Branche.
Offensichtlich geht es darum, über die gestärkte Markt- und Machtstellung einen Preisaufschlag zu rechtfertigen. Auch der Auto Gewerbe Verband Schweiz AGVS beobachtet die Preisentwicklung der Plattform. «Die Mitglieder haben natürlich keine Freude, wenn es einen Aufschlag gibt», sagt Mediensprecher Yves Schott. Der AGVS rate seinen Mitgliedern deshalb, die Augen immer auch für Alternativen offen zu halten.
Preisdruck herrscht nicht nur in der Autobranche
Dass die SMG mit deutlichen Aufschlägen operiert, bewies das Unternehmen bereits vor Jahresfrist. Damals sorgte eine massive Preiserhöhung auf den Immobilien-Plattformen für einen Eklat. Zur SMG gehören sowohl Homegate als auch Immoscout24.
So berichteten die Titel von CH Media im Februar 2024 wie sich ein Kunde entrüstete: «Homegate verzehnfacht die Preise! 4000 Franken pro Monat, um dort unsere leerstehenden Wohnungen zu bewerben!» Dazu veröffentlichte er ein Mail, aus dem hervorging, dass sich der Preis von 450 Franken auf 4000 Franken erhöhte. Das brachte den Preisüberwacher auf den Plan und führte schliesslich zum Ende der Partnerschaft mit dem SVIT, dem Schweizer Verband der Immobilien-Wirtschaft.
Zurück bei den Autoplattformen kann Carmarket-Verwaltungsrat Philipp Rhomberg über die Geschäftspraktiken von Autoscout nur den Kopf schütteln. «Ich bin sehr erstaunt, dass ein Marktplatz mit dieser Dominanz es für nötig hält, Mitbewerber dermassen zu verunglimpfen», sagt er. Und er ergänzt: «Aber eigentlich gibt es mir auch eine gewisse Genugtuung. Denn wären wir wirklich so irrelevant, wie behauptet wird, dann wäre die ganze Übung ja definitiv nicht nötig.»
Hinweis: Wie Carmarket gehört auch STREETLIFE zur Emil Frey Gruppe
Wann geht die SMG an die Börse?
Laut der Finanzwebseite Inside Paradeplatz soll der Börsengang der Swiss Marketplace Group kurz bevorstehen. Es ist die Rede vom 24. September. Bereits am Freitag habe die mandatierte UBS die Order-Bücher geschlossen. Die Bewertung: rund 4,5 Milliarden Franken. Grund für den hohen Wert ist die Markenmacht im Kleinanzeigen-Business. Und genau diese Machtposition nutzten die SMG-Chefs in den letzten Jahren aus, um die Anzeigepreise auf ihren Plattformen um ein Vielfaches zu erhöhen.
In der Kommentarspalte von Inside Paradeplatz kommt der Börsengang nicht gut an. «Es gibt nur eins; SMG-Monopolisten umgehen und Alternativen finden. Für die Scout24-Formate ist bereits eine Verlagerung spür- und sichtbar», schreibt der Nutzer «Peter Siegfried».
Auch «Beurret» macht die Nachricht sauer: «Wir haben den Vertrag mit der SMG gekündigt. Es reicht! Es ist eine Frechheit, wie die SMG uns in den letzten Jahren den Preis auf über Fr. 4’000.-/Mt. erhöht hat. Und sie bietet uns keine faire Alternative.»
User «MarcelPalfner» stellt dem Börsengang schlechte Prognosen: «Wenn Jemand diese Aktien kauft und den Preis bezahlt, dann liegt das wohl daran, dass er von Wirtschaft keine Ahnung dafür viel Geld hat. Der Kurs wird sich innert kürzester Zeit halbieren. Viel Spass.»
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