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Verkehr •
Neue Tempo-30-Strecken in der Stadt 

«Ich habe permanent Angst, meinen Führerausweis zu verlieren» 

Sie schiessen wie Pilze aus dem Boden – neue Tempo-30-Strecken. In Städten wie Zürich, Bern und Basel steigt die Verunsicherung bei Autofahrerinnen und Autofahrern. Sie befürchten, Signalschilder zu übersehen und in eine Radarfalle zu rasseln.

Der Blick schweift von einer Strassenecke zur anderen, der Fuss hüpft nervös zwischen Gaspedal und Bremse hin und her, und eine innere Unruhe plagt einen aufgewühlten und unsicheren Autolenker am Steuer seines Wagens. Welches Tempo gilt hier bloss? Schnell macht sich die Angst vor Blitzern breit, denn: Wo man gestern noch 50 km/h fahren durfte, könnte heute schon Tempo 30 gelten.

Eine Ungewissheit, der vielen Autolenkerinnen und -lenkern schwer auf dem Magen liegt, wie eine STREETLIFE-Umfrage zeigt. «Es herrscht eine permanente Angst davor, in eine 30er-Zone zu geraten, zu schnell zu sein – und dass ich deshalb meinen Ausweis verliere», sagt der Zürcher Patrick Meyer. 

Auch Rentnerin Annemaria Hess ist verunsichert. Aus Frustration über die sich ständig verändernden Tempolimits meidet die 68-Jährige sogar das Autofahren in der Stadt und benutzt den öffentlichen Verkehr: «Man muss sich immer wieder neu orientieren, weil ständig etwas anderes gilt. Besonders für ältere Leute ist das sehr unangenehm.» 

So sind neue Tempolimits in den Städten geregelt

Patrick Meyer und Annemaria Hess stehen mit ihrem Unmut nicht allein da. Schweizweit nehmen Tempo-30-Limit-Zonen in den Städten rasant zu. Auf welchen Strassen sie eingeführt werden, bestimmen die Gemeinden und Städte gemäss Strassenverkehrsgesetz (Art. 32 StvG) selbst.

Doch was heisst das nun? Blitzen die Beamten von Tag eins weg, wenn jemand zu schnell ist? Oder gewähren sie den Autofahrerinnen und Autofahrern eine gewisse Eingewöhnungszeit?

Fakt ist:  Ab dem Zeitpunkt, ab dem die Signalisation aufgestellt wurde, zählt das Tempolimit, sagt die Kapo Bern auf Anfrage. Das heisst: Theoretisch können ab Zeitpunkt der Signalisationsänderung auch Kontrollen durchgeführt werden. 

Polizei gibt Eingewöhnungszeit

Allerdings: Die Polizeikorps sind hinsichtlich neu eingeführter Tempolimits ausgesprochen kulant. So führt die Stadtpolizei Zürich erst dann Kontrollen durch, wenn Anwohnende oder Behörden Beschwerden einreichen. «Die eingegangenen Anliegen werden von uns geprüft und beurteilt.» Erst, wenn alles für eine Kontrolle spricht, werden diese durch die Stadtpolizei Zürich durchgeführt. Ähnlich klingt es auf Anfrage bei der Stadtpolizei St. Gallen und der Kantonspolizei Bern.

Die Kantonspolizei Basel-Stadt geht sogar so weit, dass sie Ortskundigen Zeit geben, sich erst die neuen Gegebenheiten zu gewöhnen, ehe sie Blitzer aufstellen. Und auch die Stadtpolizei Winterthur zeigt sich grosszügig. Sie wartet ein bis zwei Monate damit, Verkehrskontrollen an Strassen oder Orten mit neuen Tempolimits durchzuführen.

Publikation und Rekurs

Doch auch die Kulanzzeit ist irgendwann vorbei, und die Blitzer werden aufgestellt. Woher weiss ich dann, in welcher Strasse ein neues Tempolimit gilt? 

«Jede 30er-Zone oder 30er-Strecke, welche in der Stadt Zürich eingeführt wird, muss im Amtsblatt publiziert werden. Daraufhin haben die Einwohnerinnen und Einwohner 30 Tage Zeit, um ein Begehren um Neubeurteilung einzureichen», heisst es von der Dienstabteilung Verkehr der Stadt Zürich auf Anfrage. Wird auf den Rekurs verzichtet, so wird die neue Geschwindigkeitsbeschränkung rechtskräftig und kann umgesetzt werden. Die neuen Tempoeinschränkungen werden dann auf den Onlinekarten der Städte eingetragen.

Bis auf die Stadt St. Gallen (die Rekursfrist beträgt nur 14 Tage), handhaben alle befragten Städte die Prozedur gleich.

Zusammengefasst: Vorbereitung ist alles. Wer also mit dem Auto in eine Stadt fahren will, kann sich vorab auf der jeweiligen Homepage über den Stadtplan erkunden, wo welches Tempo gilt. Das spart Nerven und hoffentlich auch Geld.

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